Buchwurm Info, Onlinemagazin
www.buchwurm.info
25.02.2010
Interview mit Norbert Sternmut
Viele Projekte: ausgebucht bis 2012
Buchwurm.info:
Wie geht es Ihnen?
Norbert Sternmut:
Es geht gut genug. Es geht mir soweit gut, wenn ich arbeiten kann, in meinen Projekten bin, wie ich es gerade bin, also geht es gut.
Buchwurm.info:
Wo sind Sie gerade und was machen Sie gerade? Schreiben Sie ein Gedicht?
Norbert Sternmut:
Ich arbeite stets an neuen Gedichten, so auch jetzt, nachdem ich den Gedichtband „Nachtlichter“ gerade abgeschlossen habe, der zur Leipziger Buchmesse 2010 im Pop-Verlag, Ludwigsburg erscheinen wird.
Die Lesung ist am 19. März in Leipzig.
Desweiteren arbeite ich am neuen Gedichtband, den wir als Veröffentlichung für das Jahr 2012 mit dem Pop-Verlag einplanen.
Für das Jahr 2011 ist mit dem Wiesenburg-Verlag das nächste Prosamanuskript unter dem Titel „Wildwechsel“ geplant, eine Art Tagebuch, in dem ich einmal die sogenannte fiktive Ebene verlasse und durchaus konkret über mein sogenanntes „wahres Dasein“ in Vergangenheit und Gegenwart berichte. Das ist für mich eine ganz neue Form, ganz ohne Metaphern und irgendwelche Verstellungen.
Buchwurm.info:
Buchwurm.info hat Sie bereits einmal vorgestellt, deshalb können wir diesen Part überspringen und gleich medias in res gehen. Inzwischen haben Sie zwei Gedichtbände und einen Roman vorgelegt. Ich würde mich freuen, wenn Sie „Seelenmaschine“, „Fadenwärme“ und „Norm@n“ jeweils kurz charakterisieren könnten. Z.B. welche Bedeutung „Norm@n“ als Abschluss einer Trilogie zukommt.
Norbert Sternmut:
Insgesamt ist die Romantrilogie aus „Der Tote im Park“, „Marlies“ und „Norm@n“ für mich ein zentraler Bestandteil meines Werks. Ein Mittelstück und ein Hauptstück. Zumal ich kaum annehmen kann, nochmal eine entsprechende Trilogie zu schreiben, über die „Natur der Dinge“ hinaus.
Also bleibt für mich „Der Tote im Park“ ein zentrales Romanwerk, wie etwa „Sprachschatten“ im Bereich der Lyrik. Dass ich die Trilogie geschrieben habe, war für mich wichtig, auch wenn sie zunächst gar nicht als Trilogie geplant war.
Wichtig, ich muss meine Bücher schreiben, kann mich meinem Dasein nur schreibend nähern. Die geschriebenen Bücher bleiben dann alleine zurück, ungelesen meist, aber es kommt mir scheinbar auch nicht unbedingt darauf an, dass sie jetzt und hier gelesen werden. Ich denke, irgendwann werden sie gelesen, und da bin ich mir auch einigermaßen sicher, auch wenn jetzt noch nicht unbedingt ihre Zeit gekommen ist.
Weiterhin will ich meinen „Charakter“ eher nach vorne beschreiben. Die Trilogie, das sind drei Bücher, die ich entlassen habe, wie die anderen auch. Jetzt versuche ich mir neue Ziele zu setzen, neue Erkenntnisse und innere Wahrheiten zu finden. So überlebe ich, solange es geht, verfolge durchaus hartnäckig meinen Weg, den ich als meinen Weg sehe, versuche nicht vollständig „verrückt“ zu werden.
Aber meine Trilogie ist mir wichtig.
Wie auch „Seelenmaschine“ oder der Band „Fadenwürde“, der aus bestimmten Gründen nicht „Fadenwärme“ heißt. „Fadenwürde“ erinnert an den Band „Fadensonnen“ von Celan und wurde von einem Bob-Dylan-Song „Dignity“ inspiriert. Hier geht es um die „Würde des Menschen am Faden“, auch um meine eigene Seelenanalyse, wie oft in den letzten Büchern.
Dass ich aus dem psychoanalytischen Unbewussten schöpfe, wird gerade in „Fadenwürde“ deutlich. Auch, dass ich Themen aufgreife, die gerne verdrängt werden. Dass all diese Zusammenhänge in den Gedichten eher über das Gefühl als über den Verstand zu erschließen sind, wenn überhaupt, sage ich hier und dort.
Buchwurm.info: „Seelenmaschine“ und „Fadenwärme“ greifen aktuelle Befindlichkeiten und sogar Ereignisse der öffentlichen Welt auf. Worauf ist dieses Interesse zurückzuführen?
Norbert Sternmut: Ich bin Teil der „öffentlichen Welt“! Auch ich bin ein Mensch, der sich den Eindrücken der aktuellen Wirklichkeit unterworfen sieht. Und als Schriftsteller will auch ich durchaus Stellung zu aktuellen Fragen beziehen, auch wenn ich kein Kommentator einer Tagespolitik bin, auch kein regionaler Schreiber; dass ich kein Schriftsteller bin, der aus einer örtlichen Heimat schöpft, einer nationalen Zuordnung.
Wie ich in „Seelenmaschine“ beschrieb, komme ich alleine auf die Sprache als Heimat zurück, schöpfe weniger aus Wurzeln, eher aus Entwurzelungen und fehlenden Haltbarkeiten.
Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass auch ich das Wort „Klima“ in den Mund nehme. Ob es etwas hilft, ist eine andere Frage. Immerhin arbeite ich in meinen Projekten mit Jugendlichen und Arbeitslosen künstlerisch und sozialarbeiterisch in der Jetztzeit, befinde mich nicht in einem „Elfenbeinturm“.
Und das Interesse daran? Ich bin Sozialpädagoge! Und Schriftsteller! Künstler und Maler! Alles aus der Zeit heraus, aber nicht alleine daraus. Gerade auch aus dem Verlust der Zeit heraus, die seit meiner Krebserkrankung in der Jugend in meinem Bewusstsein liegt. Also lebe ich heute, weil ich nicht anders kann, weil ich also in diese Formel „geworfen“ wurde, bin ich mir dessen bewusst, soweit wie möglich, dass es womöglich nichts bedeutet, bei allem Interesse.
Also starte ich dieses und jenes Projekt und bin sozialarbeiterisch tätig, weil ich mir aus philosophischen Gründen keine Kugel durch den Kopf schießen will. Also versuche ich mich anderweitig zu beschäftigen.
Buchwurm.info:
Sie haben die Literaturgruppe „Sternmut-Literatur-Bunt“ (SMLB) gegründet, die mit anderen Literaturgruppen zusammenarbeitet. Was tun die Teilnehmer dieser Gruppe, wer sind diese und wie sieht die Kooperation mit anderen Gruppen aus?
Norbert Sternmut:
Nein, ich arbeite hier nicht grundsätzlich mit anderen Literaturgruppen zusammen! Wir sind eine nette Gruppe und ich lade mir interessante Menschen ein, und es finden bewegende Diskussionen statt, aber es ist „mein Ding“. Es ist mir auch durchaus wichtig, dass ich die Entscheidungen trage und entscheide, wen ich einlade, wichtig, dass es mir Freude macht, in der Hoffnung, dass sich die Freude auf andere bei SMLB überträgt.
Ich will Menschen einladen, die etwas anderes als das sagen, was üblich ist und von außen konditioniert ist. Marionettentheater soll es bei SMLB eher nicht geben. Das haben wir bereits an jeder Ecke.
Es hat sich schon eine kleine, eingeschworene Gemeinde gefunden, die sich mit der Gruppe identifiziert. Es ist bereits eine durchaus dynamische Gruppe entstanden. Junge Künstler kommen, Rapper, Drogenselbsthilfegruppen, Bildhauer. Wir sind bis ins Jahr 2011 mit Veranstaltungen ausgebucht. Es gibt keinen Mangel an Menschen, die sich präsentieren wollen. Also bedient SMLB ein öffentliches Bedürfnis. Es bietet eine Auftrittsmöglichkeit für interessante Menschen, Künstler, Gruppen. Und daher funktioniert SMLB sehr gut.
Buchwurm.info:
Sie nahmen an einem österreichischen Lyrikwettbewerb teil. Waren Sie
zufrieden mit Ihrem Abschneiden und der Organisation dieses Wettbewerbs?
Norbert Sternmut:
Ja, ich war zufrieden mit meinem Abschneiden, zumal ich den Lyrikwettbewerb gewonnen habe. Und als Sieger hatte ich auch an der Organisation keine Einwände, zumal sie, nach meinem Verständnis, zum richtigen Ergebnis gekommen ist.
Insgesamt habe ich keine rechte Beziehung zu Schreibwettbewerben und Preislisten. Ich will „mein Werk“ schreiben“ und neben dem anderen bleibt im allgemeinen keine Zeit mehr zur Bewerbung für irgendwelche Preise. Ich denke auch, dass ich ein gespaltenes Verhältnis dazu habe. Ich habe bisher nicht viele Preise bekommen, was verständlich ist, ich denke manchmal, irgendwie könnten es mehr sein, aber ich bewege mich selbst nicht dahin, bewerbe mich nicht. Also kann ich auch nicht erwarten, dass ich Preise für mein Werk bekomme, weil fast jeder Preis es verlangt, dass sich der Autor, bzw. der Verlag des Autors sich selbst bewirbt.
Manchmal denke ich, ich sollte mich mehr für literarische Preise bewerben, doch dann schreibe ich wieder an irgendwelchen Gedichten, für die es wissentlich keinen Markt gibt, für die ich keinen Preis bekommen werde. Immerhin, denke ich mir, schau an, was du machst, kann sich auch nicht jeder leisten. Nein, zu dieser Preisvergabegeschichte habe ich sicherlich ein gespaltenes Verhältnis.
Buchwurm.info:
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft, so etwa in Lyrik, Prosa Buchmessen, Zeitschriften, Wettbewerben oder privat?
Norbert Sternmut:
Im März 2010 bin ich auf der Buchmesse Leipzig, um mein neues Buch „Nachtlichter“ zu präsentieren. „Sternmut-Literatur-Bunt“ läuft erfolgreich und ist für einige Jahre geplant. Im Jahr 2011 wird ein neuer Prosaband im Wiesenburg Verlag unter dem Titel „Wildwechsel“ erscheinen. Für 2012 ist der neue Lyrikband „Spiegelschrift“ im Pop-Verlag geplant.
Das schriftliche Interview führte Michael Matzer im Februar 2010.
Kurzbiografie zu Norbert Sternmut: www.sternmut.de
Geboren 1958 in Stuttgart als Norbert Schmid, lebt in Ludwigsburg. Arbeitet in Nürtingen als Diplom-Sozialpädagoge in der psycho-sozialen Betreuung von Jugendlichen innerhalb der Berufsvorbereitung. Literarische Arbeiten in den Bereichen: Lyrik, Prosa, Theaterstück, Rezension. Veröffentlichung seit 1980 im gesamten deutschsprachigen Raum. Beiträge in 70 Anthologien. 20 Einzeltitel (Romane, Geschichten, Lyrikbände, Theaterstücke). Mitglied im Verband Deutscher Schriftsteller (VS). Stipendien des Landes Baden-Württemberg und der Stadt Gerlingen. Künstlerische Arbeiten: Radierungen, Gemälde.