STERNMUT LITERATUR

  • Aktuelles Interview 2004 mit der Autorengruppe Ungeschlacht gemeinnützige GbR

 Abgedruckt in der Literaturzeitschrift „KLIVUSKANTE“ Nr.22

Website: http://www.klivuskante.de  Norbert Sternmut:

  • Was ist Deine Droge?

Ich denke, insgesamt die „Kunst“, die Möglichkeit gelebtes Dasein in eine umgewandelte Form zu bringen, auch neue Formen aus alten Problemen zu schaffen, sei es hauptsächlich in der Literatur, der Malerei oder andere Transformationen, etwa in der Musik oder der Skulptur.

Die Ebene auf eine andere Ebene erweitern, in erster Linie durch Lyrik, erweitern, auch verunsichern, erklären, suchen, sich selbst und die anderen, verstehen, stets neu, täglich sich neu hinterfragen, erkunden, reflektieren, über die Jahre, Jahrzehnte...dies...so lange wie möglich...nach Camus, meiner Droge der Philosophie der Absurdität, der ästhetischen, musikalischen Existenztheorie von Nietzsche, Schopenhauer zur Lyrik von Celan und anderen. Die eigene Kunst und die Kunst von vielen anderen als Droge eines Werks, das allumfassend über die Lebensbereiche und über die Zeiträume eines Daseins hinauswirkt.

  •  Wie kommst du auf die Themen Deiner Texte?

Meist kommt es nicht einmal auf das Thema an, ist das Thema sekundär, zählt für mich die Musikalität eines Textes oft eher als der textliche Inhalt, zumal in der Lyrik, aber auch darüber hinaus. Sprache ist also nicht nur als „Transportmittel“ für Information und „Inhalt“ zu sehen, für Thema und Botschaft, sondern selbst als eigenes Mittel, als eigenes Thema zu betrachten. Anders ist „Sternmut-Lyrik“ nicht zu verstehen. Sie steht oft außerhalb des  „Begrifflichen“, geht in die Form „Instrumental“ – in der Lyrik, wie auch in der Prosa, in der die Musikalität an erster Stelle steht, die Absurdität der Aussage in musikalische Formen gebracht wird. Sternmut ist schwer über „Themen“ oder „Botschaften“ zu verstehen. Es gehört sicherlich ein „Gehör“ dazu, um die „Semantik“ zu verstehen, die Aussage über die Aussage hinaus, das Wort über das Wort, das Wort, das jeder anders hört, jeder anders denkt. Das „Thema“ ist kein „Thema“. Es ist keine Schublade, eher die Auflösung und Darlegung der Absurdität jedweden „Themas“. Auch Aussagen wie „Sternmut bleibt seinen Themen treu: der Leidenschaft, der Absurdität“ sind unter dieser Ansicht zu sehen.

  •  Wie alt warst Du, als Du Deinen ersten Text geschrieben hast?

 Schulaufsatztext? Wie es so üblich ist. Den ersten „künstlerisch-literarischen Text“ mit zwölf Jahren, eine Art Text, dann vertont, ein Hörspiel über eine Mitschülerin, eine Türkin, eine Außenseiterin in der Schulklasse, die dadurch Aufmerksamkeit in der Klasse bekommt, weil sie gut Fußballspielen kann und dadurch bald bei den Jungs wichtig und angesehen ist.... Die ersten Textveröffentlichungen/Gedichte 1978. Die ersten ernsthaften malerischen Arbeiten 1975.

  • Welche Texte haben Dich geprägt oder stark beeinflusst?

Zunächst: das Buch insgesamt. Die Form. Die Möglichkeit, sich über das Buch eine eigene Bilderwelt zu schaffen. Über die Vorstellungen des Buches die eigenen Gedanken zu stülpen. Bücher waren für mich früh wichtig, als Begleiter, stets erreichbar, wie gute „Freunde“. Nach den Jugendbüchern...mit 15 Jahren Hesse, „Siddhartha“, dann der „Steppenwolf“ und so weiter – nach Jahren „Sprachgitter“ – zufällig von Celan und eine Art Offenbarung der Sprache. Dann Celan insgesamt, die Existentialisten, Camus,  auch Beckett, tief verinnerlicht, hilfreich und weit in ein mögliches Alter hinein.

  • Gibt es einen Lieblingsautor? Wen?

 Es sind so viele Autoren und Bücher und irgendwann waren alle „Lieblingsautoren“. Das hat keine Beständigkeit. Und keine Relevanz. Es ist ein Gesamtbildnis von Tönen und Inhalten und Büchern und Erfahrungen, die alle zu einem „Gesamtkunstwerk“ führen, das sich „Mensch“ nennt, mal tief in den Gräben, in den Kriegen der Menschheit, Vertreibung, Verzweiflung, mal in den „Hochzeiten“, den friedlichen Zeiten, ruhevollen. Die Geschichte ist eine Geschichte des Wandels, wird es bleiben, wie „Lieblingsautoren“, wechseln, „Trends“. Der Mensch ist nicht auf Granit gebaut. Wer dieses gut beschreibt wird mein „Lieblingsautor“ sein.

  •  Woran arbeitest Du zur Zeit?

 Eine gute Frage! Leicht zu beantworten. Am Gedichtband für 2005. „Triebwerk“. Wird bei „Thaleia“ erscheinen.

  •  Kannst Du vom Schreiben leben? Wenn nein, strebst Du das an?

Kaum; teilweise (immerhin...vom Leben schreiben).