Sternmut Literatur

Abschied vom Feuer | Heidelinde Penndorf


Abschied vom Feuer | Peter Frömmig


Sonnwend | Hans Eisel


Zeitschrunden | Malwine Markel


Zeitschrunden | Willi van Hengel


Zeitschrunden | Andrea Herrmann


Zeitschrunden | Hans J. Eisel


Schattenpalaver | Georg Grimm-Eifert


Schattenpalaver | Dr. Beate Hirt


Schattenpalaver | Dr. Peter Malzacher


Spiegelschrift | Dr. Jürgen Hachmann


Spiegelschrift | Hans Eisel


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Spiegelschrift | Karl-Heinz Schreiber, Literaturzeitschrift KULT


Spiegelschrift | Dr. Peter Malzacher


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Wildwechselzeit | Karl-Heinz Schreiber, Literaturzeitschrift KULT


Wildwechselzeit | Marlies Eifert


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Wildwechselzeit | Dr. med. Beate Hirt, Ärztin, Psychotherapie


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Wildwechselzeit | Armgard Dohmel


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Nachtlichter | Karl-Heinz Schreiber, Literaturzeitschrift KULT


Nachtlichter | Marlies Eifert


Nachtlichter | Armgard Dohmel


Nachtlichter | Regina Schleheck


Nachtlichter | Peter Malzacher


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Nachtlichter | Prinz Prospero bei Amazon


Fadenwürde | Volker Schopf


Fadenwürde | Aylin Jüngling


Fadenwürde | Kultur-Extra - das online magazin


Fadenwürde | Dr. med. Beate Hirt, Ärztin, Psychotherapie


Fadenwürde | Georg Grimm-Eifert

Eine Feier des Lebens im Eros | Michael Matzer

Buch des Monats Marlies | Maria Mersch

Ist 'Marlies' ein Kriminalroman? | Marlies Eifert

Norman / Norm@n | Marlies Eifert

Der Tote im Park | Ralf Harner

Der Tote im Park | Besprechung aus herzGalopp

Der Tote im Park | B. Dhünn

Mit dem Flug-Schreiber | M. Matzer – Rezension - Triebwerk

Triebwerk | Marlies Eifert

Seelenmaschine | Georg Grimm-Eifert

88 Rätsel zur Unendlichkeit | Michael Matzer


Rezensionen zu

- Sprachschatten

- Verfrühtes Auslösen des Zeitraffers

- Photofinish

- Das Zeitmesser

- Sternmut



Heidelinde Penndorf zu 'Abschied vom Feuer'
(Januar 2024)
Es ist ein starkes Lyrik-Buch und lohnend zu lesen

 

Norbert Sternmuts Werke sind immer sehr intellektuell, wortgewaltig und anspruchsvoll, so auch sein neues Lyrik-Buch ››Abschied vom Feuer‹‹. Der Titel allein ist schon mehrdeutig, wenn wir uns unsere gegenwärtige Welt anschauen. Es braucht Konzentration, um zwischen den Zeilen zu lesen, was der Autor seiner Leserschaft sagen möchte.

Feuer, ein Wort, welches er in seiner Deutung in einer jung erblühten Liebe verwendet. Auch das Lebensfeuer, welches in jungen Jahren entflammt und uns vorwärtstreibt, Höchstleistungen zu vollbringen. In dieser Lebensphase haben wir das Gefühl, wir können die ganze Welt verändern. Mit vorangeschrittenen Lebensjahren wird die Flamme kleiner und auch die Liebe verändert sich und weicht einem gemeinsamen zwischenmenschlich guten Miteinander.

Feuer ist auch ein Wort, welches Kriege beschreibt, in welchen Menschen ihr Leben lassen und ganze Infrastrukturen in verkohlter Erde versinken. Als Gleichnis steht Feuer auch für den Klimawandel unserer Zeit, den wir nicht abwenden, aber verlangsamen können. Und Feuer steht auch für die psychischen Brandwunden und deren seelischen Narben, die wir im Laufe unseres Lebens erfahren. Ebenso auch für einen Neuanfang, der das Alte metaphorisch verbrennt und Platz für Neues schafft.

Beeindruckt haben mich im Buch seine Verse ›Der letzte Akt‹ (1–12), weil er unser ganzes Menschsein erfasst, inklusive unserer Lebenskultur, die letztlich den Klimawandel beschleunigt. Ebenso beeindruckend ist auch der Anhang (1–6), der die Eindrücke eines, vielleicht seines Lebens, schildert, vollgepackt mit einer ganzen Palette Emotionen.

›Abschied vom Feuer‹ ist ein Buch, für das man Zeit braucht, es ist so wuchtig, sodass man es nicht hintereinander weg lesen kann, weil es herausfordert, nachzumerken.

Ich empfehle das Buch Literaturfreunden dieses Genres sehr gern weiter, es ist ein starkes Buch und lohnend zu lesen, um den Gedankengängen des Autors zu folgen, und um vielleicht auch in der Stille des Nachhalls seinen eigenen Gedanken zum Thema nachzuspüren.

Heidelinde Penndorf




Peter Frömmig
VOM ELEMENT EINES LYRIKERS
Der Gedichtband „Abschied vom Feuer“ von Norbert Sternmut


Was unter dem programmatischen Titel „Abschied vom Feuer“ zusammengefasst ist, geht über einen gewöhnlichen Gedichtband hinaus. Es ist ein konzeptionelles Werk – vielleicht ein Opus magnum. Norbert Sternmut ist ein ausgeprägter und überzeugender Lyriker mit einer eigenen Sprache, einem eigenen Ton. Wie er das Motiv des Feuers zugleich metaphorisch und konkret über die drei Teile seines neuen Buches auf jeweils unterschiedlichen Daseinsebenen umkreist, behandelt und durchdringt, ist sehr beeindruckend. Hier ist ein Lyriker ganz in seinem Element. Sternmut setzt vor allem auf den freien Vers und die ungebundene Form. Die Gliederung dieses großen lyrischen Spektrums ist einleuchtend. Sehr gut gewählt sind die einzelnen Überschriften der Kapitel: „Glutnester“, „Rauchzeichen“, „Brandwunden“. Der Buchtitel „Abschied vom Feuer“ geht hervor aus dem Gedicht „Schwerelos“: „Im Gleichgewicht der Massen / schwebt es sich leicht / im Raum, schwerelos / das Anlitz der Erde / zum Abschied vom Feuer, / leicht und offen, braucht es / keine Schwerkraft, / keine Gewalt, hält / der Friede die Waage.“
Im ersten und längsten Teil des Buches geht es vor allem um das Feuer der Liebe und Leidenschaft, des intensiven erotischen, körperlichen und existentiellen Erlebens. Das erinnert an frühere Gedichtbände von Norbert Sternmut. Aber auch dieses Feuer kann verzehrend sein. In seinem Gedichtband „Sonnwend“ von 2014 stehen die Verse: „Die Liebenden / aus den Flammen gerettet...“ Die Ansprache ist auch hier gerichtet an eine Muse, die namenlos bleibt. Die Gedichte sind reich an Sprachbildern, Metaphern, Komposita. Doch sind die kleinen lyrischen, gleichförmigen und ziemlich hermetischen Einheiten bisweilen etwas zu sehr gesättigt davon, was Klarheit und Einprägsamkeit mindern kann. Aber vielleicht täuschen die Unterteilungen, denn wenn man über die einzelnen Titel des großen, ausschweifenden Kapitels von nahezu achtzig Seiten hinwegsieht, ist auch ein poetischer Fließtext vorstellbar. Oder zumindest eine Gliederung in einzelne Zyklen, wie es auch im weiteren Verlauf des Bandes vorkommt.
Im zweiten, mittleren Teil wagt sich Norbert Sternmut vor zu den brennenden Themen unserer Zeit und ihrer „Rauchzeichen“ Es sind die auch uns in Mitteleuropa immer näher rückenden Kriege, die zivilisatorischen Rückschritte der Menschheit, die Zerstörung des Ökosystems und damit unserer Existenzgrundlagen. Im Eingangsgedicht „Der Tierforscher“ steht: „Der größte Feind des Tieres ist der Mensch.“ Wie wahr. Aber der Mensch ist auch der größte Feind des Menschen. Die Folge der Gedichte und kleinen Gedichtzyklen zeigt es schonungslos auf: Krieg heißt Feuer, das Feuer wird eröffnet, da wird aus allen Rohren gefeuert, unter Feuer genommen, da steht der Gegner im Dauerfeuer, da wird vernichtet, wo es nur geht. Ohne Rücksicht auf Leid und Verluste. Naheliegend ist hier, an den Prometheus der griechischen Sage zu denken. Als Feuerbringer und Lehrmeister ist Prometheus der Urheber der menschlichen Zivilisation. Für Fortschrittsoptimisten stellt er eine Allegorie der sich emanzipierenden Menschheit dar. Zivilisationskritiker hingegen halten den „prometheischen“ Impuls für zwiespältig oder fragwürdig und problematisieren den Drang des Menschen zu möglichst schrankenloser, gottähnlicher Macht. Sternmuts „Abschied vom Feuer“ kann verstanden werden als ein Ende des Fortschrittsglaubens.
Im letzten Teil ist überraschend, wie Norbert Sternmut mit ungewohnt offenem Visier autobiographischen Rückblicken in Gedichten kritisch und klar Gestalt verleihen kann. „Brandwunden“ lautet hier die Überschrift, was die Verletzungen meint, ohne die kein Mensch ins Leben geht. Auch sind es die kleinen Brennpunkte des Zeitgeschehens, wie sie unlösbar sind vom persönlichen Erleben der Einzelnen. Die Beispiele sind exemplarisch, existentiell und elementar. Porträtiert sind nahe Verwandte, der Vater, Bruder und Schwester. Das alles ist hier unverstellt, verständlich und einprägsam dargestellt, und kann sehr nahe gehen. Dass man aber selbst hier auf Manierismen wie „Psalmengewirr, Pupillengeschwader“ stößt, verwundert. Komposita sind schon immer eine besondere Vorliebe von Sternmut gewesen. In diesem Themenkreis, der die eigene Herkunft unmittelbar betrifft, ist es von Vorteil, dass der Lyriker sich sprachartistisch zurücknimmt. Norbert Sternmut ist auch ein beachtlicher Maler abstrakter Bilder in kräftigen Farben, und an Farbigkeit mangelt es auch seinen Gedichten nicht. Er bleibt auch da bildhaft und anschaulich in den Verdichtungen gelebten Lebens. Es ist eine Lyrik, die weniger besingt als beklagt.
Das Buch hinterlässt insgesamt einen starken Eindruck, es hat gewiss viel Beachtung und Aufmerksamkeit verdient. Doch die Leserinnen und Leser solcher Lyrik wollen heute erstmal gefunden werden.

 

Norbert Sternmut: Abschied vom Feuer, Gedichte
Geest-Verlag, 183 S., 14 Euro, ISBN 978-3-86685-988-3





Norbert Sternmut: SONNWEND

 

„Der Raubfisch schwimmt im Hirn
eines jeden.“ (S.8)

Automarkt, Möbelmarkt, Schnäppchenmarkt, Wochenmarkt, Supermarkt: wir sind umstellt von „Angeboten“ aller Art. Ständig suggeriert uns die Werbung, welche Produkte und Dienstleistungen uns fehlen zum Erfolg, zum Glück –
Kurz vor der Kasse die günstigen Angebote, die wir prüfend in der Hand halten. Kaufen wir sie oder nicht, was bleibt ist das fade Gefühl, wenn wir später nachhause kommen.
Norbert Sternmut findet Worte für die bekannte Gemütslage. Unter dem merkwürdigen Titel „Solidarität der Kreaturen“ steht: … im Fadenkreuz der Schlange/ krümmt sich das Dunkel an den Kassen.“
Das Gedicht endet nach den eingangs erwähnten Raubfischversen so:
„Du stehst in der Masse
zwischen den Jahren, dem hingerichteten
Sortiment, im Verkauf
des letzten Funkens Verstand,

zweifelst am Zustand des Geistes,
vertagst die Wut weltauswärts.“  (S.8)

Das „hingerichtete Sortiment“ – von wem ist es hingerichtet und für wen?  Zweifel entstehen und Wut, die wir vertagen. Was vertagen wir nicht noch alles? Aber:„weltauswärts“?
Wo soll das denn sein?
Bündelt sich dort die Energie, die es braucht zur Solidarität, zur „Solidarität der Kreaturen“? Wie könnte die aussehen in einer bunt lackierten Warenwelt, in der alles käuflich ist. Der Preis bestimmt den Wert, das Übrige spielt keine Rolle.
Gibt es  gar keinen Ausweg? Die Ortlosigkeit des Schlusses kann doch nicht das letzte Wort sein.
Ich mache mich auf die Suche, blättere weiter, suche Halt. Den finde ich zunächst nicht. Weder „Fernreise“ (S. 41), noch „Wanderschaft“ (S. 47), noch „Also geh“ (S. 51), noch „Land unter“ (S. 53) zeigen, wo es langgeht.
Ab Seite 59 gibt es Liebesgedichte, beginnend mit „Sonnwend“.
Auf Seite 79 steht:
„Du lebst und bist gut,
wie Quelle und Glut.

Das Auge, es sieht
tausend Sonnen.“

Der Dichter preist die Geliebte. Das Gedicht trägt den Titel „An den Rand“.
Karl-Heinz Schreiber, der verstorbene Edelrezensent von Norbert hätte vielleicht geschrieben, dass er gerade das so bemerkenswert findet, dass Sternmut sich an traditionelle Themen traut und ihnen Neues entlockt.
Er beschwört die Macht der Liebe. Widersteht sie den Zumutungen und Verlockungen der Konsumgesellschaft? Was für eine konservative Fragestellung! Man könnte „Leuchtkäfer“ (S. 123) und das „Nachwort“ (S. 133) lesen und darauf eine Antwort finden.
Die Identität des Subjekts bröckelt jedenfalls schon seit geraumer Zeit. Seite 69: „der Strohhalm,/ und alles andere,/ was ich tue, verschweige/ und scheinbar bin.“ (Auch das Meer).
Gewissheiten und vermeintlichen Eindeutigkeiten schwinden, vielleicht trügt der Schein. Wie könnte man herausfinden, was dahinter steckt, und ob nicht das eigene Gesicht auch nur eine Charaktermaske ist? Unklare Konstellationen, wie lassen die sich darstellen?
Endlich: Halt (S.81)
Wieder das Spiel mit der Mehrfachbedeutung und dann das zentrale statement: „ Halt mir die täuschende / Welt vom  Leib.“
Wieder Flucht, Rückzug in das Idyll der Zweisamkeit gegen die böse Welt?
Man kann den neuen Gedichtband von Sternmut so lesen, möglicherweise liegt gerade darin seine Aktualität. Was bleibt uns anderes als der Entwurf oder der Traum von einer anderen Gesellschaft, und seien sie noch so versponnen und privat? Immerhin verspricht die Liebe einen anderen  Umgang miteinander. Einerseits. Andererseits ist lange bekannt, dass die Liebe diese Erwartungen nicht erfüllt. Die Arme ist immer weniger und zugleich mehr, als man erwartet und bleibt eines der Geheimnisse, in deren Umlaufbahn wir kreisen.
Norbert Sternmuts Liebesgedichte sind kein Protest. Wann waren Liebesgedichte das je? So naiv kann niemand sein, dass er das erwartet. Einerseits. Andererseits: wann waren sie es nicht? War die Minnelyrik  schon damals nicht auch ein Protest gegen die mittelalterliche Feudalgesellschaft, gegen das brutale Rittertum, gegen das ausgrenzende Standesdenken?
Das ist lange her.
Während ich hin und her blättere und stutze, wenn Norbert von „den Schluchten meines Wunsches“ (S. 85) schreibt, überkommt mich ein Gefühl der Eifersucht – oder ist es Neid? Wie viel Kraft liegt doch in der Geborgenheit dieser Liebe, in der er sich sonnt! Entgrenzt wie im Rausch und doch so nüchtern, dass sie die sogenannte Wirklichkeit ohne einen Hauch von Spott oder Ironie erträgt, sogar mit einem kaum merklichen Nicken des Einverständnisses. „Es ist, wie es ist, sagt die Liebe“, heißt das bei Erich Fried treffend.
Liebe nimmt die Welt, wie sie ist. Sie ist ein Fest, das uns verzaubert. Manche Gedichte schwelgen darin, wie glücktrunkene Gäste. Niemals soll die Party zu Ende gehen. Jede Liebe sehnt sich nach Ewigkeit, denn was bleibt, wenn dieses spezielle Gefühl fehlt? Nichts weiter als ein mickriges Dasein! Diese message ist bekannt seit Urzeiten. Norbert erinnert uns daran auf seine unverwechselbare Art. Dafür sei er gepriesen.

 

Hans Eisel

 

Norbert Sternmut: Sonnwend, Pop Verlag, Ludwigsburg 2014, 138 Seiten, 15,99 €,  ISBN 978-3-86356-092-8

 




Urlaub via Zeitreise
'Zeitschrunden' von Norbert Sternmut

Kurz bevor die Sommerpause bei der Literaturreihe „Schwabach-liest“ beginnt, besuchte der bekannte Ludwigsburger Autor und Lyriker, Norbert Sternmut, wieder einmal das kleine Goldstädtchen Schwabach. Der Autor kommt immer wieder gerne daher, und wurde ganz herzlich von den Organisatoren Günter Baum und Barbara Lorenz sowie zahlreichen Gästen begrüßt. Mit seinem Charme und sonnigen Gemüt verzaubert er immer aufs Neue die Zuhörer. Sternmut ist ein vielseitiger Künstler der in mehreren Genres daheim ist. Außer Romane-. Theater- und Lyrikschreiben malt er auch und seit Anfang 2013 ist er Moderator beim Webradio Ludwigsburg mit dem Programm „Sternmuts Stunde“. Hier werden verschiedene Autoren, Autorengruppen oder Künstler die zusammen mit Autoren arbeiten vorgestellt. Zudem leitet er die Ludwigsburger Lesereihe „Sternmut-Literatut-Bunt“. Bei der Schwabacher Literaturreihe stellte der Autor sein neuestes Werk vor mit dem vieldeutigen Titel „Zeitschrunden“, erschienen im Pop-Verlag 2012. Es ist ein Lyrik-Band ganz nach Sternmutschem Wiedererkennungsmerkmal. Denn seine Lust an Wortkreationen und Wortspielereien ist auch in diesem Band stark vertreten. Er setzt Wörter zusammen die scheinbar keinen Sinn ergeben, auf den ersten Blick jedenfalls. Bei genauem hinsehen, äh..,hinlesen erschließt sich dem Leser der Sinn durchaus. Er schreibt über ein Thema so prägnant und ausdrucksstarck, dass der Leser seine eigene Interpretation hineinlegen kann. Und das ist vom Autor ausdrücklich erwünscht. „Zeitschrunden“ was heißt das Wort eigentlich? Wenn man es in zwei Wörter zerlegt haben wir Zeit und Schrunden. Was Zeit bedeutet weiß jeder, aber Schrunden? Schrunden ist ein uraltes Wort, und bedeutet: Riss, Spalte, rauh, uneben oder eingerissen. Je nachdem was man beschreibt, die Landschaft, die Haut oder die Wunden der Seele. Solche zusammengesetzte Wörter findet man in diesem Lyrik-Band mehrere, zum Beispiel „Schneewolke“, „Grobsand“, „Zeitnarbe“ oder „Wortblut“.Sie alle sind Titel von verschiedenen Gedichten und signalisieren ein tieferes Geschehen im Leben das tiefe Wunden hinterlassen hat, die zwar vernarbt sind oder auch nur irgendwo ganz hinten im Eck der Seele versteckt, aber nicht verheilt! Mit seiner Lust der Wortspielerei nimmt der Autor ab und zu die Schwere des Gedichtes und lässt es in einem anderen Licht erscheinen. Das Spiel mit Wörtern ist für jeden Lyriker geradezu eine Spielwiese auf der man sich austoben kann, vor allem wenn die Sprache so reichhaltig ist wie die deutsche Sprache. Und das nutzt Sternmut aus. Er bedient sich aber auch der Ausdrucksformen aus der Psychologie, der Physik oder Philosophie, nimmt sie auseinander, setzt sie neu zusammen, gibt ihnen somit eine neue Bedeutung, einen neuen Sinn, einen anderen Ausdruck der Gefühle. „Zeitschrunden“ hat einen roten Faden, der sich ohne Unterbrechung durchzieht: Die Vergänglichkeit, die Risse in der Zeit, die Spalten die sich auftun bei manchen Lebenslagen.

In dem Gedicht „Stalaktiten“ beschreibt er sehr prägnant, einen schmerzlichen Augenblick aus der Vergangenheit. Die Wunde ist nicht vernarbt, aber irgendwo in „den Gedankenhöhlen“ eingefroren, wie ein hängender Tropfstein. Durch diese Prägnanz ist die Wucht der Schwere dieses Augenblickes aufgehoben, so dass eher das Bild der Höhle mit den Stalaktiten in Erinnerung bleibt. Lyrik kann aufwühlend, träumerisch und zeitgleich schwebend sein, mit einem Gefühl einen schönen Urlaub via Zeitreise genossen zu haben.


Malwine Markel

 




*Zeitschrunden*
Von Norbert Sternmut Pop-Verlag,
Ludwigsburg

Es geht also ums Verstehen, also Nicht-Verstehen, also um die Berührung,

wenn man etwas anders schreibt. So wie es Norbert Sternmut in seinem neuen Werk „Zeitschrunden“ tut. Bei diesem Wort, dem Schrunden, das noch lange nachhallt, wenn man es einmal ausgesprochen oder sich auf der Zunge zergehen lässt, denkt man vielleicht zunächst einmal an „zerschunden“. Doch man merkt sehr schnell, dass man über ein fast unscheinbares kleines „r“ stolpert: Und dieses kleine „r“ fordert einen auf, weiter zu denken, weiter zu fühlen und weiter zu lesen.

 

Aus dieser kleinen Irritation herauskriechend (wie aus einem Riss, einer Schrunde) stösst man spontan auf eine Zeile aus dem Gedicht „Lichtkörper“, in dem es heißt: „Du schaust und denkst // dir Sinn in die Stunde“ und man fragt sich, warum es nicht heisst: „und fühlst dich als Sinn in die Stunde?“ Um doch gleich darauf eine Antwort zu erhalten: „ Wirst du ihn nicht finden, suchst du // ins Schädelinnere, // wo das Himmelsblatt // bricht.

 

Ein Blatt bricht, wenn es gefroren ist. Vielleicht ist es dann sogar blau und nicht grün. Blau wie der Himmel an wolkenlosen Tagen. Und gebrochen wie ein Herz, auf das man unbedacht, mit einem unbedachten Wort, einer ebensolchen Geste oder einer Lüge getreten ist.

 

Um es kurz zu machen: Sternmuts Worte offenbaren nicht insgeheim Zärtlichkeiten. Und sie zeigen uns auch nicht nur, wie er mit sich selber spricht. Nein, er eröffnet sogleich ein Gespräch in alle möglichen Richtungen: in die Scham eines Selbstgesprächs oder des Sinn bzw. Unsinn des Lebens oder den Klang seiner eigenen Stimme, die man manchmal hört, wenn man mit einem anderen Menschen spricht.

 

„Du weißt, ich kann fliegen, // wie ein alter Maikäfer, // der auf Fingerkuppen abhebt.“

Die Melancholie im Blick beim Beobachten des davonschwebenden Käfers (er hätte ja noch etwas dableiben können) schwingt zart in Sternmuts Gedichten mit, überall, doch auch, dass daraus ganz schnell ein Gefühl von Freiheit werden kann.

 

Nicht nur unsere Sprache, sondern auch unser Leben spielt sich immerzu in einem unendlichen Austausch von Zeichen und Gefühlen ab. In Sternmuts Zeilen darf man sich mithin nie sicher fühlen. Und irgendwann will man es auch gar nicht, sondern „im schiefen Wind“ behutsam aus der manchmal längst geschlossenen eigenen Sinnlichkeit herausfliegen in eine neue.

 

Schreiben heisst leidenschaftlich sein. Das wird in „Zeitschrunden“ mehr denn je klar. Denn nur leidenschaftlich überlebt man den Tag, die Nacht, die existenzielle Langeweile, die sich in jedem von uns hin und wieder breitmacht. Ironie bleibt also als Überlebensmassnahme da nicht aus. Sternmut also „hielt die Liebe hoch in die Luft, zuweilen // in einem Schwall.“

 

Man ist froh, hier in diesem Büchlein von einem solchen Schwall oder dem Gesabber, das allenthalben zu hören und zu lesen ist, verschont zu bleiben.

 

Rezension von Willi van Hengel (inspiriert)




Sternmut, Norbert:
„Zeitschrunden“
Andrea Herrmann in der Zeitschrift "Veilchen", 41. Ausgabe, April 2013

In seinem neusten Lyrikband kreist Norbert Sternmut um das Thema Zeit und die Falten, die sie wirft. Um Verzweiflung, Tod und Verwesung. Insbesondere die einzig würdige Gegenspielerin der Zeit, die Liebe, wird mit der Vergänglichkeit konfrontiert. Da liebt der Todesengel und der Untergang der Rose wird gütig belächelt. Viele der Gedichte sind geformt als Zwiegespräche mit der jüngeren Geliebten. Die Hälfte dieser Liebesgedichte endet mit einem schmerzhaften „Aber“, mit Worten wie Hölle, Felsenlast der Seele, bricht, Abgrund, Grab und Lücken. Tod und Liebe ringen in diesem Buch miteinander. Und während dieses Ringens reift die erzählte Liebesgeschichte. Aus der Makellosigkeit des Lichtkörpers und flatternder Sehnsucht wird etwas, das an einer Opferstatt auf den Opferstein gelegt wird und beim Abschlussstein endet. Durchgängig würzt Sternmut dieses Drama mit Wortschöpfungen und Kombinationen wie dem eingesargten Planeten, dem geschundenen Vogel und der Hoffnungsschrunde.




Sternmut, Norbert:
Zeitschrunden
Ludwigsburg 2012, 14,80 €
Hans J. Eisel

Doch, der Titel klingt nach Sternmut. Der Umschlag zeigt eine vom Autor maskenhaft gezeichnete Balletttänzerin auf schwarzblauem Hintergrund. Ein ungewohntes Erscheinungsbild für diejenigen, welche die vorangehenden Gedichtbände Norbert Sternmuts kennen. „edition monrepos“ heißt die neue Reihe im Ludwigsburger Pop-Verlag, deren zweiten Band ich in der Hand halte. In der kleinen Buchhandlung bei mir um die Ecke gibt es ein Gespräch über die traurigen Verse auf der Rückseite des neuen und noch versiegelten Buchs. Eine Gelegenheit mich als Lyrikkenner aufzuspielen, was der sympathischen Buchhändlerin imponiert, zumindest erweckt sie den Anschein, es sei so. Schließlich bin ich Stammkunde. Großspurig behaupte ich, dass die
kühne Wortwahl und kunstvolle Komposition des Dichters sogar dem Schrecklichen eine ungeahnte Schönheit verleiht und es dadurch ertragbar macht. Die pragmatische Frau schaut mich leicht misstrauisch an: will ich sie auf den Arm nehmen? Zu sehr unterscheidet sich mein Pathos von unserer üblichen Plänkelei. Also frage ich sie noch, was sie unter „Zeitschrunden“ versteht und fahre mit dem Fahrrad nach Hause. Den neuen Sternmut lege ich auf den Schreibtisch, öffne eine Flasche Rotwein (Sternmuts Gedichte kann man auch gut mit Kristallweizenbier lesen), gieße ein und blättere neugierig drauf los. Bestimmt ist es angemessen, wenn man auch einen Gedichtband von Anfang bis zum Ende liest, schließlich hat sich der Dichter Gedanken darüber gemacht, in welcher Reihenfolge er die Gedichte anordnet. Manchmal scheint das sogar notwendig, wenn man den „lyrischen Gang der Handlung“ verstehen will, wie zum Beispiel beim „Stundenbuch“ von R.M.Rilke (doch, ich bin belesen), aber das ist mir egal. Ich suche den eigenen, ganz persönlichen Zugang, und der Zufall hilft mir dabei. Probieren wir es: ich schlage auf Seite 95 „Aus Zärtlichkeit“. Schon der Titel gefällt mir. Bei Vers 2 stutze ich „Unterschlupft“? Ist das ein Druckfehler? Es müsste doch Unterschlupf heißen. Egal. Ich könnte, müsste, wollte jetzt nachschauen im Duden, ob es dieses Wort gibt, aber mir fehlt die Lust dazu. Die folgenden Verse versöhnen und inspirieren mich und dann der Schluss – eine Reminiszenz an Peter Rühmkorfs berühmtes „sei erschütterbar und widersteh…“ Unerwartet und in ganz anderem Zusammenhang! Das ist es, was ich bei diesem Dichter liebe (unter vielem anderen): er eignet sich die Tradition an, spielt damit, aber nur scheinbar, tatsächlich bringt er ihre Bedeutung für die Gegenwart auf den Punkt und (er)öffnet damit neue Horizonte. So könnte man das heute lesen/ verstehen. Sagenhaft. „Uns ist in alten mären wunders vil geseit… OK, ich hör schon auf damit. Schauen wir doch mal auf die gegenüberliegende Seite „Besser scheitern“. Nein, das lese ich nicht, doch, doch. Also, schon wieder der zweite Vers „Niemandsbucht“. Peter Handke lässt grüßen ! Diese ewig lange Erzählung, in der nichts passiert. Ein Jahr lang! Gut, ich bin wahrlich nicht der ideale Handkeleser. Was macht Sternmut daraus? „…mit dem Gedanken an dich/ trete ich ab ins Unausweichliche,/ verblute innerlich, leicht“. Ist das ein Liebesgedicht, eine literarische Anspielung oder einfach nur gelungen? Oder alles von dem, ein bisschen oder ziemlich arg? Auch hier wieder ein dreifach donnerndes Egal. Schon der Titel tröstet und ermöglicht die Zumutungen des Lebens mit anderen Augen zu betrachten. „Besser scheitern“ ist provokativ, wenn man es genau bedenkt. Die Leichtigkeit des Untergangs wird besungen, gerühmt in einer erfolgssüchtigen Welt. Halt! Ich möchte widersprechen. Scheitern ist immer schwer. Das weiß Sternmut natürlich und bestreitet es trotzdem, und zwar grundsätzlich. Neben den Psychologen gibt es die Philosophen, die uns den Weg anbieten aus den Krisen, zumindest die interessanten von ihnen. Lyriker werden eher selten um Rat gefragt. Sie fristen ein Dasein im Off. Fast niemand käme auf die Idee in ihren Büchern und Versen Antworten zu finden auf Fragen, die uns bedrängen. Gerade Sternmut bietet sich dafür an. Er formuliert Einsichten in einer unverbrauchten Sprache, die deshalb manchmal unverständlich und schwierig anmutet, weil sie ungewohnt und eigen ist. Er spürt nicht nur, was uns widerfährt, er formuliert es. Wieso er das kann? Keine Ahnung. Er hat geübt, gearbeitet, sich entwickelt, mit uns gelebt und gelitten. Doch, doch, auch sich gefreut und unsere Illusionen geteilt, sonst wären diese Verse nicht so überzeugend. Von Goethe (Pudels Kern, S. 37) bis zu Hannes Wader (Wolkenspiel, S.57) reichen die Anklänge. Hier zeigt er dem Immerunterwegsseienden ein mögliches Ziel: „… hinter den Wolken spielst du/ mit der Muschel,/ dem Fisch an der Angel,/ nimmst ihn mit/ auf deine Weise, bis kein/ Fleisch mehr bleibt.“ Der Dichter schreibt „vom Gemurmel des Zeitschimmels.“ (S. 106), „der grau verspannten Hirnrinde“(S. 26) und dem „Schmerz der Vernunft“ (S.27), alles Themen, die in der gegenwärtigen Literatur etwas vernachlässigt werden. Traian Pop, der Ludwigsburger Verleger, schreibt zu den Bildern Sternmuts in der Zeitschrift BAWÜLON (empfehlenswert!):“ … Wie weit ist eigentlich Sternmut zu trauen? Möchte er uns wirklich etwas erklären, lehren?“ ( Nr 2-3, S. 149) Keine Ahnung, obwohl ich als Kollege tätig bin. Schön und treffend die Formulierung: „Sternmut bleibt sich treu, seiner Art von Grenzüberschreitung ins Niemandsland.“ (S. 149) Der Philosoph Ernst Bloch hätte von Transzendieren ohne Transzendenz gesprochen. Und das Niemandsland, was ist das anderes als U-topia, der Nicht-Ort, den noch keiner betreten hat? Da haben die Ritter den Gral gesucht und die Romantiker die blaue Blume. Sternmut ist weder Ritter noch Romantiker und doch beides zugleich, im verklärten und verkitschten Sinn, versteht sich. Viele Dichter, die er liebt, mag auch ich. Er benutzt ihre Verse, spielt mit ihnen, entlockt ihnen neue Sichtweisen und konfrontiert sie mit der traditionslosen Gegenwart. Eine Methode, die Bert Brecht als Verfremdungseffekt bezeichnet. Aber das trifft es nicht genau. Bei Sternmut handelt es sich eher um eine Aneignung. Noch was verbindet mich mit diesem Dichter, was sich wie ein roter Faden durch seine Werke zieht: der tiefe Glaube an die Vergänglichkeit.




Überlegungen
zum Lyrikband von Norbert Sternmut ‚Schattenpalaver‘
Georg Grimm-Eifert


Die Themen sind weit gespannt. Jede Leserin, jeder Leser wird angesprochen werden von den lyrischen Assoziationen. Der Zufall hat „auf jeden gewartet, der kam über den Wortweg… mit dem Wasser der Beschreibung über Wind und Hügel“(S.76) Es ist nicht leicht, trotzdem „kommt zusammen, erschafft euch aus den Widersprüchen“(S.54).

Sogar augenzwinkender Humor lässt sich am Rande nieder. „…Gerard, komm her, sag der Dame guten Tag. Hier der Mixer, die Spülmaschine, die Waschmaschine gestatten sie, na was macht die Börse, da kann man nur die Nerven behalten“(S.38).

Die Assoziationen greifen sehr weit. So in dem Gedicht mit der Überschrift:„Es war ein Stoppelfeld.“ Man erwartet Landschaftliches zum Thema. Die Verse sprechen aber Meer und Teich an. „…Und im Grün blühte das Programm/der Sonne im Sichtfenster/ schob sich eine Nebelwelle heran“…(S.84)

Wie in den früheren Lyrikbänden ist auch in diesem ein pessimistischer Grundton überwiegend. Aber neben Humor, Selbstironie, wird hier und dort Idyllisches herangewunken. „ …Im Gelächter drei Mal hoch/ wie es war am Teich nachmittags, / das Gespräch über die Fische…“(S.84)

Bei Dada wird zum Schluss mal angeklopft: „… Sonnengetünch/ Unsinnbehalftert, stimmverfrachtet…“(S.91)

Ebenso wie in manchen Dadagedichten ist in dem Gedicht „Es geht“(S.83) die auf dem Papier festgelegte Form durchdacht. „Es geht“ in Noten ausgedrückt: drei bis vier. Das Druckbild legt eine Pause  ein- danach liest man „uns gut“ In Noten ausgedrückt also gut. Dieser Zustand bezieht sich auf das Hier und Jetzt. Beide Aussagen überdecken sich assoziativ. Die Zukunft bleibt ungewiss. Wie man heute sagt: ‚keine Ahnung‘.

Das jeweilige Zeilenende ist keineswegs willkürlich. Der normale Sprachablauf wird durchbrochen und lässt neue Sinnzusammenhänge erahnen.

Angedeutet wird, dass das einfach Gesagte (es geht) keineswegs fraglos ist.  Zweifellos eine bewusste Konstruktion. Also können wir von einem Formkalkül sprechen.

Sowieso lässt sich sagen, dass dieser Lyrikband inhaltlich und formal weiter gespannt ist als die früheren.

Die  lyrische Form, der sich Sternmut bedient, verdichtet Erfahrungen, Einsichten, die in der Alltagssprache nur umständlich, wenn überhaupt, wiedergegeben werden können.




Rezension von Frau Dr. Beate Hirt, Ludwigsburg
SCHATTENPALAVER (2012)

"Schattenpalaver", der neue Lyrikband von Sternmut, bringt wieder assoziative Gedichte. Also assoziiere ich auch. Was fällt mir zu Schatten ein? Angenehme Kühle im Hochsommer, Zitroneneis. aber auch CG Jung: die dunkle Seite der Seele, die wir gern verdrängen, die wir aber integrieren sollen. Ja, und palavern ist ein endloses Gerede. Bei den "primitiven" Afrikanern aber ein endloses Gerede um ein Proplem herum, bis man zu einem einstimmigen Beschluss kommt. Was für ein Gegensatz zur demokratischen Minderheitenunterdrückung! Beim Wort "Schattenpalaver" sehe ich einen heiligen Baum vor mir, in dessen Schatten Menschen wichtige Dinge besprechen.
Sternmuts Buch ist in zwei Teile gegliedert. Teil eins heißt: "Wortrast". Es beginnt mit "Vor einer Katze", aufgebäumter Katzenrücken, schnurrend und stolz, lieb und eigenwillig zugleich. Das nächste Gedicht spricht von innerer Verblutung auf dem "Heimweg". Was muss der Protagonist gelitten haben, wenn das Verbluten mit Heimgehen gekoppelt wird! Ich blättere weiter: Lese vom Rettenden der Liebe, von einer Kalkspur, der die Neuronen falsch vernetzt, und vom schönen roten Flamingo, der aus Schlamm sein Nest bauen muss... Ja, und nun die "Mondscheinsonate", Beethoven klingt mir im Ohr, doch die Blume blüht zwischen zwei Abgründen. Blut trinkt man der Geliebten vom Hals, mich gruselt ein bisschen. Dann das Gedicht "Muttersprachs", das sich über die unsprachige,schmerzbefuchtelte, abgemutterte Staubsaugerhölle auslässt. Ich picke noch ein paar Rosinen aus den folgenden Texten: Famile im Angebot, Versatzstücke des Scheiterns, Herzseiten- Stunde der Distel... Im Gedicht "Ganz unten" Heimatlos in Hafen...ganz unten zerschellt der Glückstein am Boden". Unzählig viele Metaphern findet Sternmut für die innere Hölle und die immer wieder aufkeimende Hoffnung, das "Trotzdem". Ein Text ist Schlingensief gewidmet, der, seinen nahen Tod vor Augen, noch ein großes Werk schuf. Als einen tröstlichen Höhepunkt empfinde ich das Gedicht:"Keimling", das auf dem Kriegsschutt den Löwenzahn leuchten lässt. "Das Licht ist ja immer da, kann immer durchbrechen".. und die Liebe ist des Todes und der Auferstehung fähig, wie wir.." sagt Hilde Domin. Und da wird es schon fast christlich. Im letzten Gedicht "Sternasche"wird allerdings die Hoffnung wieder zurückgenommen:"im Treibgut allein, auf dem Steinmeer". Letztlich ist der Band eine Suche nach Rettung in der Liebe, trotz allem. Alle Suchenden und Verwundeten werden sich verstanden fühlen.
Doch was fange ich an mit Teil 2: "Brennstabm" ? Sind es unsinnbehaftete Wortspiele? Oder gibt es ein Erleben, vor dem unsere Sprache nur noch stammeln kann? Man denkt an Ernst Jandl, an sein Gedicht: Vater, komm, erzähl vom Krieg! ......Vater, komm, erzähl, wiest gfallen bist....." oder:"schtrzngrmm....t-t-t-t...grrrrmm"( usw)
"Schattenpalaver" hat mich beeindruckt, ist lesenswert, vor allem für solche, die das Zerbrechen und Trotzdemweitermachen kennen.





Rezension von Dr. Peter Malzacher, Ludwigsburg
Norbert Sternmut
SCHATTENPALAVER (2012)
Pop-Verlag, Ludwigsburg
ISBN 978-3-86356-032-4

Der neue Gedichtband erstrahlt wieder in gewohnt ausdruckstarker Wortmimik. Oder sollte man bei Gedichten mit (oft nur schwer erkennbarem) autobiografischem Hintergrund von Wortmimese oder gar Wortmimikry reden?
Gleich zu Anfang ein Gedichttyp, wie er, soweit ich das beurteilen kann, bei N. S. eher selten zu finden ist. („Vor einer Katze“, „Flamingo!“ und auch „Mondscheinsonate“): Scheinbar gefällige Wortgebilde, die durch eine anscheinend konkrete Landschaft fließen. Kleine Hermetik-Klippen übersieht man da gerne – beim ersten Lesen. In den meisten anderen Fällen wird einem aber wieder, wie gewohnt, das kräftezehrende Durchfahren der Stromschnellen abverlangt („wo kein Tropfen den andern kennt“, fiel mir früher schon mal dazu ein).
Ruhepunkte sind für mich die ganz kurzen Gedichte wie „In der Schlange“ (28 Silben, S. 14) und vor allem „Keimling“ (26 Silben, S. 67); gekonnte Ver-Dichtungen, wo die Frage, konkret, hermetisch oder dazwischen liegend, die Frage nach Kausalität generell, nicht mehr relevant, ja vielleicht gar nicht mehr erlaubt ist. Das Aufrechterhalten dieses Außer-Zustandes, eines, um im Bild zu bleiben, Getragenseins von einer stehenden Welle, fällt erfahrungsgemäß, für Autor wie Leser, umso schwerer, je länger ein Gedicht wird.
Und da sind ja dann noch die Brennstabm (ap S. 89) – oder ist uno Branntstabo gemoint? Zittverschlingl, mutt mir nit wa! De Murxer, datt Spillmashni? – det willma nit det dorfmanni ohpp de lange Loppenbank schuppsen. Fill mir wie Schuppsn van de Oye van de Griffswolde Oye. Noxforon Gott.





KULIMU – Zeitschrift für Kunst&Literatur&Musik
Lappersdorf / Österreich
ISSN 1437-3831, 37 Jg. 2011 Heft 3
Rezension von Dr. Jürgen Hachmann zu „Spiegelschrift“

Nach „Nachtlichter“ (2010) hat Norbert Sternmut jetzt mit „Spiegelschrift“ wiederum einen vielfältig beeindruckenden Lyrikband vorgelegt. Seinem idiosynkratischen Vorstellungslabyrinth obsessiver Existenzkritik bleibt Sternmut dabei treu, dies jedoch mit einer bewundernswerten Frische an sprachlichem Einfallsreichtum und gehaltlich-antagonistischer Dynamik. Sternmuts nicht nur „sonderbare“, sondern zumindest teilweise auch groteske Welt „unter der Dunstglocke des Seins“ spricht einer Fülle von ´zeitgeistigen´ Selbstverständlichkeiten und nicht zuletzt auch metaphysischen Blickverengungen Hohn und macht auf diese Weise mit ihnen tabula rasa. Sein eindringlicher Appell an den Leser: „Steig auf / Hoch hinaus / Aus der Markthalle / Konsumfalle / aus den Schlagworten / Und erschaffe dich / Selbst in den Lüften.“ Wer das als bloße Weltflucht missversteht, wird durch diesen Gedichtband zweifellos eines besseren belehrt, denn es geht darin vor allem um Weltgewinnung, Weltwiedergewinnung.




„Wildwechselzeit“
Sonja Leicht (www.sonja-leicht.de)

 

Genau darauf kommt es an!

Norbert Sternmut ist es mit Wildwechselzeit gelungen, einen Text des Mutes und der schonungslosen Offenheit zu schaffen. Die Geschichte berührt zutiefst und schockiert gleichzeitig - vermeintlich.

Sternmut lässt offen, stellt vielmehr in Frage, welche und ob Wirklichkeitsanteile enthalten sind. Für mich steht die Unterscheidung von Wahrheit und Fiktion nicht im Vordergrund. Denn darauf kommt es nicht an! Ist nicht die Fiktion selbst Ausdruck einer der Wahrheiten und Welten des Schreibenden oder zumindest ein Spiegel davon? Ein Gericht, geköchelt im Hexenkessel der eigenen Kopfküche!

Der Satz „Darauf kommt es nicht an“ zieht sich, wie ein roter Faden auf Sternmuts Suche nach der inneren Wahrheit, dem eigentlich Sinn, seinem ich, durch Wildwechselzeit. Doch tatsächlich ist es genau das, worauf es ankommt. Es kommt darauf an, den beschriebenen Weg dieses Selbstfindungsprozesses eines in der Kindheit traumatisierten Erwachsenen immer und immer wieder von allen Seiten zu durchleuchten, zu hinterfragen und anzuzweifeln. Genau darauf kommt es doch an, auf das differenzierte Hinsehen, das sich in etwas erkennen, der Reflektion des Er- und Gelebten, das Einordnen in das Weltgeschehen, Angst zu haben, etwas zuzugeben, abzugeben, sich hinzugeben, aber am Ende niemals aufzugeben. Sich selbst nicht aufzugeben das ist es, worauf es ankommt. In einigen Passagen spricht Sternmut seine Leser direkt und kompromisslos mit seinen Fragestellungen an. Dadurch schafft er es, dass der Leser sich –spätestens dann- Sternmuts Selbstfindung zu eigen macht. Identifikation findet sehr gelungen statt.

Seine Süchte nach Worten, Frauen und nach dem Leben bestimmen den Prozess. Scheinbarer Sprechdurchfall mündet und erschließt sich in seiner eigenen, intimen Ordnung und erklärt sich darin von selbst. Zentrale Frauenmotive werden verkörpert von Marie und Johanna. Zwei Frauen wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Zwei Lieben, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf keine davon kann er verzichten, eine Entscheidung scheint unmöglich. Auf die vielen weiteren Frauengestalten, die eine Rolle seiner Sex-Sucht spielen, kommt es jedoch scheinbar nicht an. Immer wieder suizidalen Gedanken ausgesetzt entscheidet er sich dafür, worauf es ankommt, für das Leben.

„Und die Vögel von Hitschcock kommen niemals zur Ruhe“. Darauf kommt es an. Keine Ruhe, Veränderung, Fortschritt, die Fragen, die möglichen und die unmöglichen Antworten darauf.

Ein sehr vielschichtiger Roman, der neben der Frage, worauf es im Leben eigentlich ankommt, noch sehr viele weitere Themenfeldern durchdenkt. Ein wertvolles Werk, das ich mit sehr viel Achtung gelesen habe und das ich als persönliches Geschenk betrachte.




„Spiegelschrift“
Eindrücke und Gedanken zu einem Gedichtband von Hans Eisel, Zeitschrift „Am Zeitstrand“ (Stuttgart)

 

Paul Celan gehört zur deutschsprachigen Lyriklandschaft, die sich nach dem 2ten Weltkrieg bildet. Und das wegen seiner Herkunft, seinem Stil, seinem Anliegen, denn er und seine Familie gehören zu den Opfern der Nazidiktatur.  Er will solche Erfahrungen zur Sprache bringen, die sich gegen die Mitteilbarkeit sperren, nicht nur, weil viele gar nicht darüber sprechen wollen. Wie bequem ist die Verdrängung, wie naheliegend die Ausreden und wie gängig die Lügen. Die Mehrzahl seiner Zeitgenossen hatten sich arrangiert, im angeblichen „inneren Exil“ gelebt, wo sie ausharrten gegenüber einer Ideologie, die sie schon immer abgelehnt hatten, geräuschlos, denn erkennbarer Widerstand wäre gefährlich gewesen. Vielleicht gab es sie wirklich.

Celan gilt als schwierig, obwohl er mit gängigen Worten arbeitet, die er zu neuen Getümen zusammenschweißt. Diese Fügungen sollen bisher Unausgesprochenes sagbar machen. Dabei streift der Dichter  an das Schweigen, das nach Ludwig Wittgenstein dem Nichtsagbaren vorbehalten bleibt. Mit den Worten Gadamers:“ In seinen späten Gedichtbänden nähert sich Paul Celan mehr und mehr der atemlosen Stille des Verstummens im kryptisch gewordenen Wort.“ (S.9)

Celan, gegen den es immer schon starke Vorbehalte gab, (be)gründet keine poetische Tradition. Zu einzelgängerisch verschließt sich dieses Werk dem Publikum und jedes Gedicht macht deutlich, welch ein schwieriges Geschäft doch das Lesen ist.

Man kann von diesen Gedichten ergriffen sein, auch ohne sie zu verstehen. Mir geht es dabei manchmal wie einem Kind, das mit der Familie am Tisch sitzt und fühlt, dass die Dinge, die da besprochen werden, von großer Bedeutung sind. Das gilt vor allem für traurige Anlässe.

Spontan stellt sich das Gespür ein: diese Verse reden zu mir über unsere Angelegenheiten. Hier wird etwas Wichtiges, ja Dringliches besprochen.

Am Rande vermerkt: N. Sternmut äußerte im Gespräch, er habe beim Lesen der „Sprachgitter“ so gut wie nichts kapiert und doch verstanden, dass es um was Entscheidendes geht. Vielleicht versteht man diese Sprache, indem man sie nicht versteht. Das klingt gewagt, weil es die Tür zum beliebigen Unsinn mehr als einen Spalt breit öffnet und dem Interpretationswischiwaschi das Wort redet. (Überhaupt Interpretationen von Gedichten, was da für ein idiotisches Geraune seine Heimat findet, erregte Erstaunen, wenn es jemanden interessieren würde.)

Hier könnte es stimmen.

Viele Gedichte Celans sind recht kurz und sagen mit alltäglichen Worten bisher Ungesagtes, beim ersten Blick befremdlich, bei näherem Lesen kühn, immer jedoch gewagt, weil ungewohnt.

Dieses Konzept benutzt auch Sternmut. Er lässt sich von Celan, der keine Schule gebildet hat ( wie auch ?) inspirieren. Wichtig dabei ist Genauigkeit  bis in die Einzelheiten. Dadurch wird der Phantasie des Lesers Platz geschaffen für Assoziationen. So entsteht die beabsichtigte Flaschenpost, oder sind es nicht doch eher Fesselballons ? Dem Wind vertrauen und sich treiben lassen.

Ein guter Gedichtband gleicht einer Fundgrube, die man neugierig durchkramt auf der Suche nach Kostbarkeiten. Nur wenige gehen dabei systematisch vor. Das Blättern in einem Gedichtband ähnelt eher einem Stadtbummel als einer Führung. Das passt auch insofern, als das Motiv des Vor-dem-Schaufenster-Stehens mehrfach auftaucht, was bei einem zeitgenössischen Dichter wenig erstaunt.

Wie Celan verzichtet er auf Reime und die Musikalität rhythmischer Verse. Seine Gedichte wirken eher wie Bilder oder Photos.

Arthur Rimbaud – ihm widmet Sternmut das erste Gedicht des Bandes „Spiegelschrift“ „Mein Rimbaud“ -  lässt mich ratlos zurück. Die geheimnisvoll anmutenden Metaphern führen mich nicht zu dem stürmischen jungen Dichter, der sich als Abenteurer zu Fuß auf die Reise nach Afrika begibt und sich von der Poesie löst.

Der Bogen spannt sich  zu Goethes Haus in Weimar am „Frauenplan“ (S. 31). Es ist die Rede vom Stuhl, Tisch und Bett des Dramatikers und Dichters und den Pflasterstein, über den er einst schritt. Kein Wort zur Antikensammlung, zum Luxus, den Goethe genossen hat. Das stattliche Anwesen, die herrschaftliche Kutsche. All dies repräsentiert den hohen gesellschaftlichen Rang des geheimen Rats, der von seinem Freund, dem Herzog, geadelt zu den vornehmsten und exklusivsten Kreisen Weimars gehört. Immerhin heiratet er die gar nicht standesgemäße Christiane, die bis zu ihrem Tod bei und mit ihm wohnt. Kein Wort zum berühmten Gartenhäuschen !

Stattdessen endet das Gedicht mit einem originellen Kalauer.

„Mein Hof“ (S. 9) erinnert in der Schlichtheit des Aufzählstils an „Inventur „ von G. Eich. Hier wie dort zieht das lyrische Ich ein Fazit:“ Hier der Abfall, mein Hirn,/ Es denkt, hier...“ 

Unser Spaziergang geht weiter, wir lassen uns treiben und betrachten, was uns beim Blättern auffällt.

 

Geldspiegelung ( S. 14)

Das Ich spiegelt sich in den Schaufensterscheiben, die das Glück des Besitzes ausstellen, die aufdringliche Welt des Konsums. Geldverlust bedeutet Ich -Verlust, denn was bleibt vom Ich übrig, das kein Geld hat in einer Gesellschaft, der Ver - Käuflichkeit alles bedeutet ? Alles hat seinen Preis, der richtet an die Soventen, die Reichen. Geld ist der Wert Wert an sich, das absolute Gute, der Maßstab, der für alle und alles gilt. Mein Gott, ich komme ins Schwärmen. Cut ! 

 

Sisyphos (S.42)

Von Albert Camus stammt der Gedanke, Sisyphos müsse als glücklicher Mensch gedacht werden. Das soll provozieren, ist eine eigensinnige Auslegung des Mythos vom verdammten Menschen, der den Stein den Berg hinaufrollt und dann zusieht, wie er hinunterpurzelt, um anschließend seine Arbeit erneut zu verrichten. Sternmut knüpft an diesen Gedanken an und spricht Sisyphos Mut zu, bestärkt ihn. Was bedeutet es, sein eigener Herr zu sein, der selbstbestimmt lebt, ohne Sinn ? Wer kann an sich glauben und wie kann er das, ohne sich zu irgendetwas in Beziehung zu setzen, das nicht absurd ist ?

Anders gesagt: das Absurde ist nicht authentisch, sondern lediglich eine parasitäre Übergangsphilosophie, die sich vom Aas überlebter Überzeugungen nährt. Das Tragische an Sisyphos mag gerade darin bestehen, dass er nicht (mehr) tragisch ist. Vielleicht passt das Absurde besser zu unserer Zeit als alles andere. Das liegt aber in erster Linie daran, dass es uns so leicht fällt wider besseres Wissen zu leben und zu handeln. Die Werbung verführt uns mit der läppischen Illusion, dass uns der Konsum glücklich macht. Einfach so, Anerkennung aufgrund unserer Markenartikel. Dabei funktioniert die Masche gerade deshalb, weil sie jeder durchschaut. Also: das Uneigentliche als unser Element. Nein, keine Ironie mehr, schon gar keine Parodie, denn dazu fehlt das Original, der eigentliche Bezugspunkt. So leben wir in einer Gesellschaft hohler Phrasen und leerer Versprechungen, deren Profitgier sich als Lebensfreude ausgibt. Dahinter lauert ein in Watte gebauschter Nihilismus. Und so wird Sisyphos zum absurden Helden unserer Epoche. Dagegen wirken die Ideale Don Quijote geradezu klassisch. Hilfe !

 

Amoklauf (S.46)

beschreibt, was bei uns und mit uns passiert, wenn es zum Blutbad kommt.

Wie reagiere ich auf die Nachricht eines Massakers ? Regungslos, wortverlegen, beschämt durch die als unpassend empfundenen Bewältigungsrituale. Darauf gehen die Verse nicht ein. Sternmut beschreibt, was vorgeht. Hier zeigt sich die Stärke seiner Methode, die ihn schützt vor hohlen Phrasen. Ein starkes Gedicht.

Wieder taucht das Motiv des Schaufensters auf. Einfache Worte für unbeschreibliche Vorgänge. Am Schluss gibt es so etwas wie ein Fazit, das Raum lässt, aber wofür ?

 

Analytisch (S.65)

Das merkwürdige Gedicht zerfällt in 2 Teile. Was macht das Gefühl – anstelle des erwarteten Fragezeichens ein Punkt. Dann das berühmte Zitat von Erich Fried über die Liebe im Zentrum und der Rest dann in Klammern. Ein schönes Liebesgedicht, das anknüpft an die geniale Einfachheit Frieds. Nur die Liebe erträgt das, was ist, wie es ist. Siegfried Kracauer schrieb einst sinngemäß an Ernst Bloch, er schätze dessen Fähigkeit, den Dingen, die er analysiere ihr Geheimnis zu lassen.

So auch hier.

 

Fels in der Brandung (S.80)

„Auch er schwankt“ - die Neugier ist erweckt. Der Stein wird der Rolle nicht gerecht, die ihm zugemutet wird. So ist es, auch wenn wir sehr weit vom nächsten Meer entfernt wohnen, und ich die Zeile „Auch er wird geschmiedet“ nicht verstehe. Das Gedicht entlarvt die Redewendung als Vorurteil, verkehrt sie ins Gegenteil. Lyrische Sprachkritik am passenden Beispiel !

 

In „Gedicht im Spiegel“ (S.91)

variiert mit seiner  Anspielung auf den Titel des Buches. Nach einem Reifeprozess, dessen Spuren man im Spiegel („Nase und Mund“) begutachten kann, ist das Gedicht reif („hinreichend gealtert“) für den Band und kann der Lesewelt übergeben werden. Der Vergleich mit einem Winzer, der seinen Wein abfüllt und dem Urteil der Kenner und Genießer übergibt, reicht hier nicht. Das Gedicht entspricht dem Gesicht und steht „für die Vorstellung, die sich freigibt“. Reimlos.

 

Soweit erste Eindrücke und Gedanken zu „Spiegelschrift“, einem Gedichtband, in dem ich gerne blättere. [Aktualisierung im November 2011]

 

Vor mir liegt „Nachtlichter“, 2010 auch im Ludwigsburger Pop-Verlag erschienen und „Wildwechselzeit – Tagebuch einer Beziehung“, 2011 im Wiesenburg Verlag in Schweinfurt erschienen und Christoph Schlingensief gewidmet.

Einige noch unveröffentlichte Gedichte von Norbert Sternmut gehen ins Abstrakte und stellen den Leser vor grundsätzliche Fragen. Gibt es abstrakte Gedichte und welche Verbindlichkeit haben sie, da sie eindeutige Aussagen ( mehrdeutige sowieso) verweigern und sich dem Verständnis entziehen ? Schon die einzelnen Worte, oft Neuschöpfungen, sperren sich und gehen doch Verbindungen ein, wecken Eindrücke. Was geht hier vor ?

Ein Experiment – wie verlorene Nussschalen schwimmen diese Verse im unendlichen Meer der Kommunikation.




„Spiegelschrift“
Georg Grimm-Eifert

 

‘‘Den Gedächtnisstrumpf stricken‘‘(S.81), so lautet eine Zeile im neuen Lyrikbuch ‚Spiegelschrift‘. In meinem Gedächtnis sind einige Lyriker festgehalten, die assoziativ arbeiten und Alliterationen vorkommen lassen. Zu ihnen gehört Norbert Sternmut. Aus der vorliegenden Gedichtsammlung klingt ein überwiegender Mollton nach. Die Alliterationen bringen jedoch auch zuweilen einen humoristischen Nebenton. ‘‘Ein Zukunftsritter reitet im Zweifel‘‘(S.21)

Ein kritischer Blick fällt auf die Gegenwart: ‘‘… Die Semantik der Kurzsichtigkeit/ der Trendsetter…‘‘(S.13) Der Autor scheut sich nicht, gegen den Trend Fremdwörter zusammen zu reihen. Aber vielleicht ist der angeklungene Trend weitgehend im Abklingen. Nicht nur kritische Töne klingen an. Ebenso ganz gegenteilig idyllische. ‘‘…Die Fahne und das Fest/ Der dörfliche Glockenstuhl/ Du und der Berghang darüber/ Der sich trübt ins Gewebe.‘‘(S.38) Die letzte Zeile zeigt, dass sich der Autor auf eigentümliche Bilder versteht, ohne allzu gesuchte Vokabeln zu verwenden.

Der Mollton ist unüberhörbar in ‚Absurd auf Reisen‘. ‘‘Im Sturm der Fahne auf Halbmast/ der Grundwasserversorgung…‘‘ (S.44) Dies sollte nicht als philosophischer Grundsatz gelten, bezieht sich vielmehr auf bestimmte Situationen.

‘‘…Im Halbschlaf der Habseligkeiten‘‘.(S.90)Die Habseligkeiten, die man eben doch nicht ganz hat. Hierin kann man wohl den Mollton begründet sehen. Ein weiteres Beispiel für Mollton bringt das Gedicht ‚Totes Meer‘

‘‘… Aus sich heraus wird das Salz der Erde/Grabgesichtet… Bestimmt im heiligen Land der Vorstellung/ Wären wir ordentlich unter Leuchtkäfern…‘‘

Die Leser, die jeweils für sie unterschiedliche sie ansprechende Stellen finden in dieser Lyriksammlung, dürfen sich wohl auch zu Leuchtkäfern zählen. Leuchtkäfer, kein humorloses Bild für nicht oben angekommene, aber doch beachtenswerte Zeitgenossen.

Alliterationen machen aufmerksam auf Wendungen, die sich einprägen.

Einprägsam ist auch das Layout der Vorderseite. In der Gestaltung der grafischen Struktur eine bemerkenswerte Leistung. Passend zum Inhalt ganz in Grautönen gehalten.




„Spiegelschrift“ Norbert Sternmut, Pop-Verlag, Ludwigsburg, 2011
Rezension: Dr. Beate Hirt, Ludwigsburg

 

Erstaunlich ist sie schon, die Produktivität des Norbert Sternmut. Schlag auf Schlag kommen zwei Lyrikbände, ein dicker (Tagebuch)- Roman, -und jetzt der neue Lyrikband "Spiegelschrift".

Ja, ich liebe das Assoziative in Sternmuts Gedichten, lasse mich gern von seiner bilderreichen Sprache verzaubern. Der Titel "Spiegelschrift" entstand wohl im Gedenken an die Zeit, in der er mit dem Beruf des Schriftsetzers liebäugelte. Man könnte aber auch an Selbstbespiegelung oder an "anderen den Spiegel hinhalten" denken.

Worum geht es in dem neuen Bändchen? Natürlich, wie in jeder Lyrik, die diesen Namen verdient, um die großen, unerschöpflichen Themen von Liebe und Tod, geschrieben in Spiegelschrift, also von rechts nach links, symbolisch gesehen, von der rationalen, hellen, männlichen  Seite ausgehend ins Dunkel, Weibliche, Gefühlige hinein. Es geht um Erfüllung und Enttäuschung, Hoffnung und Aufgeben, ums Weitermachen trotz allem.

Weglassen könnte man die moralisierenden Zeilen, z.B. Konsum betreffend.

Drei große Literaten stehen Pate: Goethe (und die Frauen), Elfriede (Jelinek), "das Worttier...du stehst mir nahe, nach Herzattacken, Staatsaffären, Therapiestunden..."

Ja.´, und Arthur Rimbaud, "sein" Rimbaud. Da habe ich "meinen" Rimbaud hervorgezogen, das zerfledderte Reclam-Heftchen. Sofort war ich wieder von seiner Sprache gebannt:"...einst...war mein Leben ein üppiges Fest, da öffneten sich alle Herzen, da flossen alle Weine...habe die Schönheit beschimpft,....mich hineingelegt in den Dreck....den Schlüssel zum Festmahl wieder zu  finden...die Barmherzigkeit ist der  Schlüssel......dir lieber Satan vermache ich diese Blätter."

Und Sternmuts Rimbaud:" Blutbefleckt, hingerichtet, die Scherben, Tümpel, Blumen, mein Rimbaud"

Nicht schlecht!

Das zentrale Gedicht scheint mir der "Sisyphos zu sein":  "auch wenn es keinen Stein gibt, sinnbehimmelt, bist du es doch, der bestimmt. Die Sinnlosigkeit allen Tuns und das Trotzdem.

Nun der Versuch einer Textcollage für die eiligen und als Appetizer:

Berührt vom Grund der Liebe, tiefer als alles andere,...niemand holt dich ab...fühlt dich aus...versteht deine Distel.

"Und dann das alte Thema um die "Krebsgeschwulst, die Angstschleuder der Kindheit, ...auch du treibst ab...kannst nicht anders als leben und sterben mit der Zeit..."

Und gegen  Schluss die Hoffnung: " Du gehst mit mir heraus aus der Nacht... und wenn Liebe und Tod sich berühren...die Schlucht der Brüste vor der Sterbestunde, in die ich mich stemme..."

Gegen Ende wird man fast an große jüdisch Dichterinnen erinnert:" schritt meinen Seinsweg ab... schwimme im Fluss, herzwärts... dem Geschlecht der Rosenbüsche, der Geliebten..... schnitt ich ein Herz ins Holz der Tränen..."

Das Buch endet:" mit den Brandwunden der Nacht...brennen in dich hinein...Brandmal......Asche der Liebesnacht"

und im letzten Gedicht die Bitte: "Sprecht mit mir!"

Schlichter Ausdruck unserer(?), des Dichters(?) Einsamkeit.

Ich hoffe, ich habe dem potentiellen Leser Appetit gemacht.





DIE EROTIK DER ABSURDITÄT

Norbert Sternmut, Spiegelschrift (Pop Verlag, Ludwigsburg 2011)

97 S., € 14.-

 

In seinem Buch ‚Wildwechselzeit‘ kündigt Sternmut bereits das vorliegende Werk an: „Einen weiteren Gedichtband wird es schon noch geben (…) Und wie wird der neue Gedichtbandtitel lauten? Spiegeltanz, Spurwechsel?“ Nun ‚Spiegelschrift‘ ist es geworden. Und da heißt es ganz erschreckend: „Hier der Abfall, mein Hirn, / Es denkt, hier / Fließen die Eindrücke, / Sammelt sich die Entscheidung.“ Das klingt schon so etwas wie eine Essenz aus der ‚Wildwechselzeit‘. Auch wenn es in einem anderen Text heißt: „Unweit von mir selbst, wahngedoppelt“, mag es einem scheinen, als liefere Sternmut mit diesen Gedichten einen Nachklapp. Denn da findet sich das lyrische Ich: „Eingedunkelt in den Denkschatten, / Was wirklich ist, beschattet / Das Bewußtsein darunter, / Abgekoppelt, eingetrübt.“ Da macht sich die heftige Sorge breit: „Es wird Zeit / Die inneren Welten zu ordnen, kommt, / Kommt zusammen.“ Wie es schon in dem „Tagebuch“ anklang: keiner kann den Seinssinn für sich alleine finden. Das lyrische Ich setzt sich mit der Absurdität auseinander, solidarisiert sich selbstverständlich mit Sisyphos und bekennt trotzig: „Sinnauswärts stehe ich bereit.“ Und es scheint bei Sternmut geradezu so etwas wie eine Erotik der Absurdität zu geben, denn da halten ihn einerseits „Beinschlingen“ im Diesseits, andererseits gelangt er durch die „Wildwechselzeit“ (!) durch einen Kuß als „Hormonschub ins Jenseits.“ Immer ist da der Blick nach Innen, das Greifen nach der Geliebten und der Blick in die restliche Welt. Vielleicht ist es ja auch eine große Sehnsucht, die aus den Zeilen spricht, und der stetige Versuch, die Schwermut zu vermeiden. Denn das lyrische Ich wohnt „im Vorgrab / Unbegreiflich in Sprachhöhlen“ und ist gar „Ins Wortlose, unterwegs.“ Das wäre dann freilich der putative Suizid eines Sprach-Künstlers, der die Welt nur in Worten „spiegeln“ kann. Und wenn es tatsächlich zu einer „Wortsprengung“ käme, wie wollten wir dann den letzten Wunsch des Dichters erfüllen: „Sprecht mit mir.“ Ach, lesen wir ihn zunächst. KS




UNBESINNLICHE BESINNUNGSARBEIT

Norbert Sternmut, Wildwechselzeit (Wiesenburg Verlag, Schweinfurt 2011)

229 S., € 15,90

 

Fiktiv oder nicht, eine Frage, wie sie der Klappentext aufwirft, ist doch eigentlich unter dem Niveau dieses Buches. Hier wird Schwerstarbeit geleistet über einen „Prozeß ins Bewußtsein“, der mit scheinbar lockerer Hand in einer Art Tagebuchform protokolliert wird. Und wir als Leser werden quasi mit einbezogen in eine Realitätstherapie. Ich muß mich als Rezensent hier gleich einmal outen: ich war von Anfang an einer der Kritiker, denen sich Sternmut anvertrauen wollte. Er hat mich nie enttäuscht, es war immer den Aufwand wert, seine Texte zu lesen - aber dies hier ist sein bestes Buch, sein ehrlichstes, sein persönlichstes. Und obwohl er ja noch verhältnismäßig „jung“ ist (Jg. 1958), scheint er einem Trend zu folgen, den einige bekannte Literaten (etwa Christa Wolf oder Günter Grass) bereits vorgezeichnet haben: man schreibt jetzt Bücher, deren Genre nicht mehr eindeutig zu klassifizieren ist: Roman? Report? Reflexion? Bekenntnisliteratur eben, die hat übrigens auch Tradition mindestens seit der Aufklärung. Eine Mischung aus ‚Sentimental Journey‘ und ‚Sapere aude‘ oder gar ein Wiederauflebenlassen der Innerlichkeitsliteratur der 1960er/1970er?!
     Sternmut tut hier etwas, was ich besonders mag: er integriert Zitate bekannter Kulturschaffender, Intellektueller und Autoren. Damit ordnet man sich ja quasi selbst ein in eine Reihe Gleichgesinnter. Das Buch wendet sich gegen „die Angst vor sich selbst“, es dokumentiert die „stetige Suche nach der eigenen Innerlichkeit“ und bringt zum Ausdruck: „Ich bin nicht der, der ich bin, werden wollte, sein werde.“ Ein Buch, das sich im Grunde aus einer Aussage Christoph Schlingensiefs zu entwickeln scheint: „Wer seine Wunden zeigt, wird geheilt, wer sie nicht zeigt, wird nicht geheilt.“ Und wir alle haben Wunden, ein Schnösel, der dies nicht zugäbe, und ein Hundsfott, der daraus sein Image basteln wollte. Übrigens hat auch Joseph Beuys einmal gesagt: „Zeige deine Wunde.“
     Ein „Entwicklungstagebuch“ soll hier vorgelegt werden, das authentische Ich will „ein Hauptwerk schreiben! Über mein Haupt, das wasserweiche Gehirn“ - auch wenn hier fast ein Kalauer entstanden wäre, bleibt der Grundtenor ernst und der Autor lebt „in der ‚Wildwechselzeit‘ der Vorstellungen“, womit der Titel ein wenig erklärt wäre. Und Sternmut wird grundsätzlich: „Wer weiß, was Literatur bedeutet für das eigene ICH des Schreibers. Wer weiß denn, was die Worte sagen wollen, bei aller Verklärung.“ Wenn schon die Schriftsteller nicht ihrer Worte mächtig sind (im Sinne des Wortes sozusagen), wie sehr sind sie dann ausgeliefert der Raffinesse der Interpreten und der Lethargie der Leser und Nichtleser?! Daß wir zum Ausdruck unserer Identität und unseres Weltverständnisses auf Worte angewiesen sind, ist wohl unser Dilemma.
     Dabei geht es Sternmut nicht nur um sich, sondern um alle, weil alles zusammenhängt. Und man fragt sich, wie ernst oder polemisch er es meint, es scheine ihm, „als müßte die Menschheit geschlossen in Therapie gehen.“ Denn er will auch nicht glauben, daß er der einzige sei, der leidet. Jedenfalls sei er Künstler geworden, um damit besser umgehen zu können. Wie er sich fremd fühlt, sich selbst gegenüber, unter den Menschen. Und eine Vollkommenheit oder ein Glück kann es sowieso nicht geben: „Ich bestehe aus Bruchstücken, unterschiedlichen Kräften.“ Und er kann selten etwas als sinnvoll erachten. Und so landet er bei Camus und Sartre: „Ich fühle absurd, denke absurd.“ Und das kulminiert dann in der Aussage: „Ich will, daß ich etwas anderes will, als ich will.“
     Sollte es für manchen Zeitgenossen ein Problem sein, daß die Gedanken über den Sinn des Lebens zu anspruchsvoll geraten, so kann man ihn getrost an Sternmut verweisen, der sich zwischendurch auch mal gehen läßt: „Scheiß drauf! Ehrlich gesagt, es war nie mein Ziel, Heiliger zu werden. Dazu bumse ich zu gerne und liebe die Existenzphilosophie. Ich bin der Philosoph, der das eine mit dem anderen verbindet.“ Und etwas später: „Ich will weiterhin zumindest einmal im Dasein mit jeder Frau des Planeten geschlafen haben. Ich will … erklären, wie mein Zauberstab in die Wundertüten der Frauen dringt.“ Da muß ich gestehen, das lenkt mich etwas ab von der Ernsthaftigkeit der Thematik, und da halte ich es lieber mit Edgar Wallace: „Ein Intellektueller ist jemand, der etwas Interessanteres als Sex gefunden hat.“
     Und da wir doch beide, Sternmut und ich als sein Edelrezensent, Intellektuelle sind, dazu verdammt sind, welche sein zu wollen, bestürzt und verunsichert mich eigentlich ein irgendwo weiter hinten im Buch versteckter Satz am meisten: Wenn ich wenigstens wüßte, wer ich nicht bin!“ Boah! Da muß ich meine Tastatur vor mir schützen und kann nur noch dringend empfehlen, dieses Buch erstens zu lesen und es zweitens langsam zu lesen und sich selbst dabei zu beobachten. Mir kam es jedenfalls so vor, als habe Sternmut dieses Buch für mich geschrieben.     KS




Rezension
Norbert Sternmut „Spiegelschrift“

von Dr. Peter Malzacher, Ludwigsburg

 

Der Zugang, vage diesmal; lange bleibe ich oben, treibe an der Oberfläche. Gehirne denken, assozieren, träumen verschieden; im Traum …trommelt die Kunde einer sonderbaren Welt (Innere Welt); wer weiß schon, was ein anderes Hirn träumt. Das Modewort inkompatibel drängt sich auf – und macht einsam. Zwischen deinen und meinen Neuronen (im Buch von    –narziss bis  –gewitter) funktionieren keine Synapsen, keine Neurotransmitter. Neuronen-kreuzungen gibt es da nicht. Auffällig, die Häufung dieser neurowissenschaftlichen Begriffe in Sternmuts neuem Gedichtband. Ich nehme sie als eine Bestätigung für diese Isolation, und dass ich demzufolge nicht verstehen  m u s s.

Aber die Vielfalt aus den Vorgängerbüchern bleibt, die Vielfalt der Worte in Erinnerung.    Da sind die vielen Wörter mit Herz, Herzkombinationen bis zur erotischen Herzmuschel.     30 mal Herz, sieben mal mehr als in Nachtlichter. Von den Wortkombinationen wie Herzgrotte, Herzhöhe, Herzschale, Herzspur ist keine einzige identisch mit einer aus dem Vorgängerband. Viel Hirn auch; das blieb sich in etwa gleich (in Fadenwürde war es noch führend). Mehrere Kröten kommen hinzu: keine Rose blüht sich / aus der Kröte des Rätsels (Kraterende). Etwas zwiespältig diese Wesen, und man weiß nicht, soll man drauf treten oder die Krötenwanderung umweltbewusst unterstützen. D i e  Kröte jedenfalls, die über den Weg wandert, zur Sprache (Gesprächsfetzen), zu neuen Höhen, erinnert an Hans Christian Andersens Märchen. Ist sie es, die den Edelstein im Kopf trägt?

Dann aber, nach Sisyphosqualen, Todesangst im Fressnapf und wuchernden Zellmonstern (in „Nachtlichter“) mehrfach Hoffnung, eine Hoffnungsblase, die bald platzen mag, aber auch eine Hoffnungsrose im gekrümmten Raum (Wurmloch). Ich lasse mich treiben im Duft dieser Rose, steige auf, / hoch hinaus / aus der Markthalle, / Konsumfalle, / aus den Schlagworten / und erschaffe mich / selbst in den Lüften (Steig auf). Das hat was von Hilde Domin: Dennoch! Abel steh auf! Wie auch die Gedichte Belichtet euch und Mutmachung.

Unverhofft dann wieder der Fall, hinunter in die Wortkatarakte des Sagbaren und des Unsagbaren, ein Achterbahneffekt, um – urplötzlich – verpflichtet … / dem Geschlecht der Rosenbüsche, / der Geliebten / … ein Herz ins Holz der Tränen / … zu schneiden (Herz ins Holz). Das ist mein Holz! Nun bin ich doch noch fündig geworden; an was immer der Autor dachte, bei mir werden es Freudentränen (bildlich natürlich). In Kombination von Goethe und Sternmut möchte ich sagen: die Erde hat mich wieder, und das also war der Kern des Pudels.




Rezension
Norbert Sternmut „Spiegelschrift“ / Pop-Verlag, Ludwigsburg 2011

Gerd Egelhof, Waiblingen

 

Es gibt Lyriker, die beschreiben reimend, andere wiederum beschreiben, ohne zu reinem. Norbert Sternmut wählt eine weitere legitime Form des lyrischen Schreibens. Er verdichtet. In seinem neuen Lyrikband „Spiegelschrift“ hat er 87 interessante, spannende Gedichte zu bieten. Wenn man als Leser nicht den Anspruch hat, alles verstehen zu wollen, wird man belohnt.

Nach dem Grundsatz, dass der Schriftsteller nie zu positiv werden sollte, sind viele von Sternmuts Texten kritisch, auch mal negativ oder sezierend. „Du im Spiegel“, „Amoklauf“ oder „Absurd auf Reisen“ sind da als Paradebeispiele zu nennen. Besonders stark sind seine konsumkritischen Gedichte „Reklame“, „In sein“, und „Konsumterror“. Das „In-sein in Schuhen und Kleidern“ bezeichnet er als „Semantik der Kurzsichtigkeit“.

Norbert Sternmut hat auch positive und aufbauende Lyrik zu bieten. Der „Negativ-Strudel“ ist zu überwinden. Sein „Sisyphos“ – Gedicht ist eines der schönsten, das es zu diesem Thema gibt.
„Mutmachung“, „Steig auf“ und „Hand in Hand“ sind weitere Mut machende, versöhnliche Texte.

Es fällt auf, dass sowohl Norbert Sternmuts Gedichte als auch die Namensgebung seiner Texte von hoher Qualität sind.
Besonders gelungene Titel sind „Tränenbelauscht“, „Elfriede auf Erden“, oder „Die Kraniche des Kusses“. Viele Gedichte wie „Sommerhitze“, „Traumschwelle“, „Weltblut, zusammen“, oder „Belichtet euch“, sind einfach nur wahr und schön. Ganz selten passiert es auch einem fleißigen, richtig guten Dichter, wie Sternmut einer ist, dass er sich beim Verdichten verdichtet. So geschehen in „Umnachtung, enthüllt“.

Insgesamt gesehen ist Norbert Sternmut ein sehr guter, lesenswerter Gedichtband gelungen. „Spiegelschrift“ ist dem Leser wirklich sehr zu empfehlen. Ich lege ihm Sternmuts Lyrik ans Herz. In einem von Sternmuts Gedichten heißt es „Hier der Abfall, mein Hirn“. Das ist eine unberechtigte Selbsterniedrigung, die der Dichter nicht nötig hat. Sternmuts Hirn ist vielmehr eine ergiebige Quelle, ein Schatzkästlein, eine glückselige Goldgrube.  





Rezension „Wildwechselzeit“
Marlies Eifert

Der Titel ‚Wildwechsel‘ weist auf Standortbestimmung, Standortänderung.

So geht es dem Protagonisten Norbert um die Fragen nach dem Woher, nach der gegenwärtigen Position und nach dem Wohin. Dass hier nicht nur das ganz persönliche Schicksal im Blickpunkt steht, sondern auch die existentielle Bestimmung des Menschen im Universum, dass die Fragen nach dem Altern und dem Tod nicht ausgespart werden, sei bereits hier schon angedeutet.

 

Äußerer Rahmen ist die Beschreibung einer Therapie, die sich über ein Jahr hinzieht. Ganz traditionell wird der Kindheit eine bedeutende Rolle für Erklärungen zugewiesen. Eine traumatische Kindheit Voraussetzung für ‚gegenwärtige‘ Verhaltens- und Einstellungsweisen?

 

Ist die erste Frau in der individuellen Geschichte, die Mutter, verantwortlich für die Begegnung mit dem anderen Geschlecht überhaupt? Die Mutter hatte alles getan, um das Selbstwertgefühl des Kindes zu brechen, bzw. es erst nicht entstehen zu lassen. Braucht Norbert nun viele Frauen zur Stärkung des Selbstbewusstseins? Diagnose: ‚Frauensucht‘. Norman muss ‚auf die Piste gehen‘, auf die‘ Jagd‘ nach Frauen. Probleme menschlicher, gesellschaftlicher Art sind vorprogrammiert. Er fühlt sich von Feinden umgeben, hat Suizidgedanken.

 

Sternmut gelingt es, eine Vorstellung von der Menge der Frauen im Leben Normans herzustellen, indem er endlos viele Namen nennt. So wird die Austauschbarkeit der Frauen, mit denen Norman in Berührung kommt, verdeutlicht. Letztendlich ist es allerdings nur eine Frau- Marie- der eine herausragende Bedeutung zukommt. Diese Frau ist, wie mir scheint, Spiegelbild des Protagonisten. Wie er, muss sie sich mit der Diagnose Krebs auseinandersetzen, wie er die Frauen, liebt sie die Männer im Plural.

 

Die Psychologin wertet nicht. Immer wieder taucht der Satz auf: ‚Es ist wie es ist. ‘

Aber für den Leser stellt sich vielleicht doch die Frage, ob es so sein sollte ‚wie es ist‘. Auch Mephisto entwirft am Ende von Faust II eine Gesellschaft, in der der Genuss im Vordergrund steht, die Frau Objekt der ‚Begierde‘ ist, Promiskuität zugelassen wird. Auch Mephisto sagt von sich, dass er ‚ein für allemal / die Frauen nur im Plural‘ liebe.

 

Steht Norman auf einer Ebene mit Mephisto? Nein, Norman ‚genießt‘ zwar ebenfalls , betrachtet die Frauen als Gegenstand eigener Bedürfnisse. Anders als Mephisto leidet er jedoch an seiner Situation, und er erfährt am Ende des Romans andeutungsweise eine Standortänderung zumindest was seine Beziehung zu Marie angeht.

 

Sprache und Erzählweise? Der fiktive Erzähler sagt von sich, dass er nicht strukturiert denke. So wird in kreisenden Bewegungen erzählt, die Sprache verliert ihre gebräuchliche Struktur, wird an einzelnen Stellen zum Stammeln. Gelegentlich erfolgt eine bewusste Anlehnung an die Sprache Handkes: Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt. Da es sich ja um einen Selbstfindungsprozess handelt, der in der Regel auch nicht linear, ordentlich, strukturiert verläuft, ist diese Art der Sprachgebung m.E. gerechtfertigt, mehr noch, passend.

 

Lebende und nicht mehr lebende Autoren werden in die Handlung mit einbezogen als Personen oder in ihrer Sprachgebung(vergl. Handke) und Denkweise. Bemerkenswert sind in dem Zusammenhang Leitsätze mit aphoristischem Charakter, die einzelnen Kapiteln voranstehen. Eine anspruchsvolle Aufgabe für den Leser ist es, die Beziehung zum jeweils nachfolgenden Text herzustellen…

 

Zu dem ‚Kosmos des Erzählens‘ gehören auch bestimmte Konstellationen, die der Leser in vorangegangenen Büchern, in Marlies z.B. oder in Norman kennen gelernt hat. So stehen sich immer wieder zwei Frauentypen in ihrer Beziehung zum fiktiven Erzähler gegenüber: die sorgende Ehefrau und die begehrte Geliebte.: Regina und Ellen, Johanna und Marie.

 

Andere Autoren, Figuren aus gelesenen und eigenen Romanen, reales und fiktives Geschehen: Alles ist mit allem verbunden.

 

Fazit: Auch dieses Buch in der Reihe der Sternmutromane setzt den nachdenklichen mitdenkenden Leser voraus, den Leser, der sich auf ungewöhnliche Sinnzusammenhänge einlässt. Es erwartet den Leser, der mit dem Autor bereit ist, Alter, Tod und Stellung des Menschen im Kosmos nicht auszusparen. Sternmut macht es dem Leser nicht leicht. Er verzichtet – anders als in den vorausgehenden Romanen - weitgehend auf vordergründige Spannungsmomente, Darstellung von Grausamkeit. Gerade dies macht das Buch besonders sympathisch, betont die innere Wahrhaftigkeit. Wir Leser, die wir einiges aus der Sternmutwerkstatt kennen, sollten uns auch und gerade auf ‚Wildwechselzeit‘ einlassen.




Rezension „Wildwechselzeit“
Dr. Jürgen Hachmann
„Kulimu“ Zeitschrift für Kunst & Literatur & Musik
Lappersdorf / Österreich
Ausgabe Heft 1 / 2011
ISSN 1437-3831

Ich bin durchaus auch ein Kunstprodukt

In seiner neuesten publikation versucht Norbert Sternmut, sich selbst und damit auch seinem bisherigen werk kritisch auf die spur zu kommen, um sich derart zugleich weitere lebens- und literaturperspektiven zu erschließen. Das hier in tagebuchform abgefasste, dem anspruch nach "therapeutische Schreiben" erweist sich bei näherem hinsehen als eine auktoriale selbstinszenierung, deren vielfach theatralisch auftretende identitätssuche triviales mit intellektuellerem mischt und dabei vor bloßen dampfplaudereien nicht zurückschreckt. Stofflich wie stilistisch wiederholt Sternmut vorrangig elemente der in seinen romanen praktizierten diktion, die er jedoch andererseits als eine zwanghafte "Art innerer Weltverwurstung" pauschal diskredidiert. Der in diesem "Tagebuch einer (Selbst)-Beziehung" vielfach beschworene aufbruch zu neuen ufern bleibt somit schon durch seine performative selbstwidersprüchlichkeit bloß programm, bei dem noch nicht klar ist, worauf "es" eigentlich hinauswill.
Michel Houellebecq, ein in vielem geistesverwandter Sternmuts, hat mit "Karte und Gebiet" erst kürzlich einen roman vorgelegt, in dem er dadurch provoziert, dass er nicht in gewohnter manier provoziert.
Vielleicht gelingt Sternmut in zukunft ähnliches, das potential dazu hätte er.




Rezension „Wildwechselzeit“
Heidi Gollnau/ April 2011

Zunächst war ich versucht zu ergründen, wie nah die Tagebucheintragungen der Realität kommen könnten.
Hat Norbert Sternmut seine Kindheit, sein bisheriges Leben so erlebt, so wahrgenommen, wie er es in seinem Buch "Wildwechselzeit" beschreibt?
Kann es wirklich sein, dass er so ungeliebt aufgewachsen ist? Und will er nun diese emotionale Einsamkeit, die ihn ja förmlich in wechselnde Frauenarme treiben muss, als Ersatz für die mangelnde Liebe seiner Mutter verarbeiten?

Dieses Buch liest sich für mich sehr gehetzt. Ich hatte beim Lesen der Zeilen das Bild vor Augen, den Autor ständig rennen zu sehen. Und ich rannte mit ihm. Daher tat es gut, durch die einzelnen
Tagebuchabschnitte quasi zum Luftholen "gezwungen" zu werden und so über die Therapiesitzungen bei Eva G. nachdenken zu können. Es werden Themen angesprochen, die provozieren. Die Kindheit, der Vater, der zu früh verstarb und keinen Halt geben konnte, die Geschwister, zu denen er nicht die Beziehung aufbauen konnte, die er gebraucht hätte, die gewalttätige, lieblose Mutter. Die Rolle der Mutter, die ihr eigenes Kind nicht genügend liebt und ihm Gewalt antut. Die Peitsche, welche griffbereit in der Küche hängt, lässt allein bei der Vorstellung, was damit geschehen könnte, einen kalten Schauer über den Rücken laufen.
Darf eine Mutter so sein, darf man so über eine Mutter sprechen, schreiben?

Gleichzeitig beschreibt Norbert Sternmut die Beziehungen zu mehreren Frauen. Moralisch sehr verwerflich, die verschiedenen Frauen, die er "beliebt". Oft zur gleichen Zeit. Er schreibt, zwei Menschen, Frauen, gleichzeitig lieben zu können, zu wollen, nicht nur körperlich, schon fast skandalverdächtig.
Die Erzählungen aus dem Leben des "Norbert" (wer auch immer diese Person ist?) werden im Rahmen einer therapeutischen Behandlung dargestellt. Wieder ein Tabu-Bruch:
Über solche Sitzungen spricht man doch nicht, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Letztendlich, denke ich, beinhaltet "Wildwechselzeit" einen sehr großen Anteil autobiografischer Züge und eine ebenso große Portion Fiktion und soll durchaus provozieren, zum Denken anregen.
Wie nah dieses Werk nun wirklich der Realität, welcher auch immer, kommt, bleibt das Geheimnis des Autors.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass manche LeserInnen die Schattenseiten wieder erkennen.
Für mich - ein sehr gelungenes Werk.




Rezension „Wildwechselzeit“
Dr. Beate Hirt, Ludwigsburg/ April 2011

Vorgestellt wird das Tagebuch einer therapeutischen Beziehung im Rahmen einer Psychoanalyse.
Der Text könnte aber auch als das Tagebuch einer Beziehung zu "den Frauen" oder zu sich selbst begriffen werden. Da der Ich- Erzähler Norbert heißt, kann man autobiografische Züge vermuten.
Im Fachjargon würde man wohl von einer frühen oder narzistischen Störung des Protagonisten reden. Beschrieben wird ein von Anfang an von der Mutter abgelehntes Kind, das diese durch noch so viele Peitschenhiebe und Demütigungen nicht vom Erdboden vertilgen kann. Das schutzlose Kind (der Vater starb früh) wird vom großen Bruder Drecksack genannt und fühlt sich ein Leben lang als solcher. In kompensierenden Größenfantasien will der Erwachsene alle Frauen lieben und schafft auch eine erstaunlich große Zahl an sexuellen Beziehungen nahezu gleichzeitig zu unterhalten. Suchtartig und getrieben berauscht er sich an Beinen, Brüsten, Mündern, kann sich aber nicht für eine Frau entscheiden. Er scheint Rausch zu meinen, wenn er von Liebe spricht, will alle "belieben" und verletzt jede durch seine "Untreue". Die Bindungsunfähigkeit setzt die Einsamkeit des ungeliebten Kindes fort. Es fällt schwer, mit dem Protagonisten Mitgefühl zu haben Doch fühlt man die ganze Tragik der grenzenlosen Einsamkeit des 20jährigen, der von Familie und Freunden im Stich gelassen mit Krebs und Todesangst in der Klinik liegt, der auch in der Religion keinen Trost findet ("Jesus am Kreuz hatte wenigstens einen Vater").
Letztlich bringt der therapeutische Prozess den Patienten weiter, zu mehr Selbstannahme, Sebstfindung, Selbstliebe. Damit verbunden sind Ansätze von Mitempfinden und Verantwortungsgefühl für die eine oder andere der geliebten Frauen.
Wenn auch das Lesen der meist assoziativen Texte manchmal ermüdet, so gibt doch das Buch Einblicke in die innere Hölle der seelisch kranken Menschen, zu deren Verurteilung wir neigen.





Rezension „Wildwechselzeit“
Daniela Wegert/ April 2011

Warum kann man nicht lieben, alle, gleichzeitig, wie man es eben will, ausgesprochen grenzenlos?

 

Promiskuität als Therapiegrund und der Wahn (oder der Wunsch?), dass die Wirklichkeit nicht real  ist.

Norbert Sternmut legt seinen neuen Roman in Tagebuchform (TaBu) vor und arbeitet seinen Frühling und Sommer auf, um ein neues Denken, eine neue Philosophie für den (Lebens-) Herbst zu finden.

 

Herbstzeit ist Wildwechselzeit.

 

Es ist immer ein wenig schwierig, den Roman eines befreundeten Autors zu lesen, den man kennt (ein wenig), da der autobiografische Anteil  bisweilen schockieren kann und man vielleicht Dinge erfährt, die einem den Menschen in einem anderen Licht zeigen (aber gehen wir Autoren nicht mit jedem unserer Werke dieses Risiko ein?)

Norbert Sternmuts Roman hat mir gut getan, bisweilen etwas schmerzhaft, einen Spiegel vorgehalten zu bekommen. Innerliche Zerrissenheit, das Schwanken zwischen Moral, Liebe, Treue, Leidenschaft und Begierde (Triebe?)… und immer wieder die Moral, dieser erhobene Zeigefinger.

 

Was ich las, war in erster Linie Weltschmerz. Anfänglich der Weltschmerz eines Kindes, das als unheilschwanger ausgeschiedenes Eingeweide das Licht dieser Welt erblickte: ungewollt, ungeliebt und gedemütigt durch die physischen und psychischen Tritte und Schläge der Mutter, die es sich stets hässlich fühlen ließen, innen wie außen.  Dieses Gefühl des Nicht-Angenommen-Seins, in einer Welt zu existieren, in der es nicht lebte, ja nicht mal verwaltet sondern hinein gepresst wurde, um zu überleben.

 

Sternmut sucht Ordnung, eine innere Ordnung, wo sie äußerlich sowieso nicht existiert, versucht diese Ordnung durch Schreiben (seine Therapie? seine Eva G.?) herzustellen. Dieser Gedanke ist mir beim Lesen oft gekommen. Ein schriftlicher Monolog einer imaginären Therapie, einer imaginären Therapeutin (Eva G.) zum Zwecke der Selbsttherapie. Ob die Therapie nun real oder fiktiv ist, sei in diesem Zusammenhang irrelevant. Sternmut legt mit Wildwechselzeit einen Roman vor, der persönlicher und intimer nicht sein kann, zeitweise Pikiertheit seitens des Lesers nicht ausgeschlossen. WWZ erscheint mir wie ein Umbruch und Abschluss in Sternmuts Leben. Wobei in vorhergehenden Romanen wie Marlies und Norman der Abstand zum Inneren durch die dritte Form gewahrt wurde, schreibt Sternmut nun in der Ich-Form und bricht damit Wände weg, die Inhalt und eigene Person zuvor noch zu trennen vermochten. Hier ist das nicht mehr der Fall, unmöglich. Unweigerlich steht der Bezug zum Autor, zum Menschen Sternmut und jedes Wort, so klar und deutlich geschrieben, jeder Satz in seinen feinen Nuancen (ja, bisweilen klingt Sternmut) lässt jeden Gedanken an Fiktion verschwinden. Teilweise beängstigend, ja… wenn zum Beispiel das Thema Suizid zur Sprache kommt. Die Depressionen, die aus dem Inneren kommt. Äußerlich auf dieser Welt zu existieren, ist nicht schwer.  Luft, Nahrung, Schlaf… was braucht es, um zu überleben? Das wirkliche Leben kommt von innen: unsere Wünsche, Hoffnungen, Liebe, angenommen sein, gewollt sein, geliebt werden und selbst lieben…. In der Kindheit fehlten Sternmut all diese wichtigen Dinge, die in das Carepaket des Lebens gehören.

 

Wir wären verlogen, würden wir behaupten, dass das Geliebtwerden, die Aufmerksamkeitssuch(t)e, das Zusammengehören nicht unsere stärkste Triebfeder sei. Somit schreibt Sternmut nicht nur über sich selbst, über sein Inneres, sondern über das Innere unserer Gesellschaft. Nie als Moralapostel, nie mit erhobenem Zeigefinger, jedoch mit viel Gefühl für die Sprache (sein Arbeitsmittel!) schubst er den Leser vom Ist ins Soll. Er schreibt: „Wir brauchen ein neues Denksystem, eine neue Kopfgeburt. Darüber wollte ich ein Buch schreiben“ und es ist ihm gelungen.

Es ist das Tagebuch einer Beziehung, wohl wahr, doch wenn Sie denken, es sei die Beziehung Sternmuts zu einer Frau, dann lesen Sie selbst… es ist ein Tagebuch unserer aller Beziehung zueinander und die Frage, ob ein neues Denken, eine neue Ordnung nicht langsam angebracht wäre und Sigmund Freuds These „Jeder Mensch ist des anderen Wolf“ nicht überdacht werden sollte.

 

Ein Wort durchzieht den Roman wie ein roter Faden: womöglich! Womöglich ist so ein schwebendes Wort und beschreibt Sternmuts Gefühl, nie genau zu wissen, ob die Wirklichkeit wirklich ist, ob das Gefühlte, das man Liebe nennt, wirklich Liebe ist. Nicht zu wissen, ob man richtig fühlt, ob man sich auf das Gefühl verlassen kann, auf seine Vernunft, auf seine Gedanken. Dieses Wort (womöglich) immer wieder einfließen zu lassen und metaphorisch damit den Ausdruck für die Unsicherheit seiner Gefühlswelt zu vermitteln, ist großartig.

 

Du wirst erkannt, wie du dich fühlst. Wie innen, so außen! Dass die Menschen nie das sehen, was du wünscht, das sie in dir sehen sollen, sondern - dass sie sehen, was DU über DICH fühlst. Unweigerlich! Sternmuts Roman zu lesen, ist wie ein Wiedersehen mit den eigenen Gedanken und Gefühlen. Alles schon selber mal gedacht, über alles schon selber mal sinniert. Gerade auch in diesem Abschnitt werden sich viele wiedererkennen: dass man als das erkannt wird, was man selber fühlt (über sich). Fassaden hatten schon immer den Nachteil, mit der Zeit zu bröckeln. Alles ist ein Opfer der Zeit… oder der eigenen Erkenntnis.

 

Nichts ist so, wie es scheint. Selbst das Gute und Brave entspringt nicht der Gutmenschnatur, sondern dem puren Egoismus. Und wenn wir ehrlich sind, verfolgt selbst die sich zum Helfen ausgestreckte Hand eine Befriedigung der eigenen Bedürfnisse, der nach Anerkennung und dem gehobenen Ansehen. Selbst als Kind schon erwarten wir vom braven und artigen Verhalten eine Belohnung. Das ist menschlich egoistisch (und womöglich ein gesunder Egoismus), nicht gutmenschlich. Eine Anpassung unseres Verhaltens in Erwartung eines positiven Feedbacks.

 

Versuchen wir uns selbst zu verstehen (was schon schwer genug ist),  bevor wir versuchen andere zu verstehen (was gänzlich unmöglich ist).

 

Der Text über 229 Seiten liest sich wie das Leben selbst, mal sanft und leise, mal berauschend poetisch, mal rhythmisch wie der Herzschlag in einem dann folgendem Wortstakkato aufgelöst wie die Leidenschaft. Ein sehr lesenswertes Buch und (für mich) das beste, das Sternmut bisher schrieb.





Rezension „Wildwechselzeit“
Armgard Dohmel / 30. März 2011

Die Lektüre dieses „Tagebuches“ hat in mir ganz unterschiedliche Emotionen geweckt und Gefühlsbereiche angesprochen. Schon der „sexistische“ Titel ist ein Affront gegen mein feministisch geprägtes Menschenbild: Das „Wild“ sind ja wohl die Frauen! Und so geht es dann auch weiter: Die Tagebucheinträge kreisen fast nur um „das Eine“ in allen Varianten, vorzugsweise mit Marie, aber auch Johanna, Charlotte, Maike, Silke und viele mehr. Dabei ist mir unklar, inwieweit all diese Frauen real oder „Symbole“ für die Innenwelt und die Wünsche des Autors sind.

Doch ich kann auch eine gewisse Neugier oder Sensationsgier beim Lesen nicht abstreiten angesichts der sexuellen „Freizügigkeit“ des Tagebuchschreibers. (Frage dazu: Ist er deckungsgleich mit dem Autor – oder zumindest teilweise eine „Kunst-Figur“?) Weiter bekam ich Mitleid mit dem armen Jungen, der in seiner Kindheit geprügelt und von der eigenen Mutter so „stiefmütterlich“ behandelt worden war. (Frage: Wer war schuld, dass diese arme Frau sechs Kinder kriegen musste – die letzten zu einer Zeit, als sie deren Großmutter hätte sein können??) Und irgendwann langweilten mich die endlosen, langatmigen Assoziationen und sinn-losen Aneinanderreihungen von Wörtern im Stakkatostil, die manche Eintragungen schier endlos durchziehen.

Besonders sympathisch ist mir der Protagonist nicht. In gigantischer Selbstüberschätzung und Größenwahn will er alle Frauen der Welt „be-lieben“. Als weitere Attribute für ihn fallen mir ein: triebgesteuert, egomanisch, ver-rückt, sprunghaft, flatterhaft, krankhaft auf rasch wechselnde Wünsche und Ideen fixiert, sexbesessen, liebes-zerrissen, von übersteigerter Intensität, „unvergleichlicher Egomane“ (Charlotte). Er versucht, die Kindheits-Traumata durch Sex zu kompensieren – und wie die Frauen dazu stehen, ist ihm eigentlich egal. Das zeigt sich, wenn er auch angesichts der Krankheit von Marie immer nur an „das Eine“ denken kann. – Gleichzeitig verachtet und hasst er sich selbst, sieht sich als „Drecksack“, wie ihn der Bruder nannte. – Doch dann relativiert er alles wieder mit einem Satz wie: „Es kommt nicht darauf an“.

Ganz langsam scheinen jedoch seine zweimal wöchentlich stattfindenden Sitzungen bei der Therapeutin Eva G. in Verbindung mit seinen eigenen Bemühungen zu fruchten: Er erkennt, „dass wir uns selbst lieben müssen“, „dass niemand jemand gehören kann“, dass man zuerst „eine Beziehung zu sich selbst aufbauen“ muss; denn: „wenn wir uns selbst fehlen, fehlt uns doch alles“.

Im „Wörtersalat“ sind plötzlich wieder Worte, die sich verbinden zu einem überraschenden, bestürzenden Sinn. Und langsam kristallisiert sich aus dem Sprach-Wirrwarr die Erkenntnis heraus: All die Maries, Johannas, Charlottes, Maikes, Silkes ... können ihn nicht retten, wenn er es nicht selbst schafft. Dadurch, dass er den Selbsthass begräbt, sich in seiner Eigenart annimmt, mit sich Freundschaft schließt.

So lernt er langsam, bei den Gedanken an Marie nicht nur an sich, seine Begierde, seine „Liebe“ zu denken. Nicht mehr (nur) egoistisch, wünscht er, dass es ihr gut geht, dass sie glücklich ist, mit wem auch immer – ganz abgesehen von seiner Person. Das verspricht Entwicklung und Fortschritt – und Heilung.

Vielleicht lernt der Tagebuchschreiber (und Autor?), all die vielen Frauen auf der Welt nicht mehr nur als Objekte zum „Be-lieben“, sondern als Menschen zu sehen? Vorbedingung dazu: dass er sich selbst als Menschen sieht und annimmt. Er scheint daran zu arbeiten ...

So gesehen, ist das Buch wohl ein „Entwicklungsroman“ mit positivem Ausgang!




Rezension „Wildwechselzeit“
Petra Rühle / März 2011

Norbert Sternmut legt mit seinem neuen Werk „Wildwechselzeit“ ein sehr persönliches, und wie ich finde mutiges Buch vor. Er beschreibt in Tagebuchform eine sehr intensive Zeit seines Lebens, in der er sich offen mit seiner Kindheit, seiner überstandenen Krebserkrankung und seinen gegenwärtigen persönlichen Problemen auseinandersetzt. Die Psychotherapeutin Eva G. begleitet ihn auf diesem Weg des Erkennens und „Sich-selber-findens“. Schonungslos geht er mit sich selbst und seiner Familie ins Gericht, zeigt seine Wunden, der erste Schritt, damit Heilung möglich wird. Es ist die Beschreibung eines Einzelschicksals und doch fand ich mich oft darin wieder, denn es spiegelt meiner Meinung nach auch sehr gut unsere Gesellschaft wider, die sich von den Schrecken und Nachwirkungen der nationalsozialistischen Gesellschaft noch nicht wirklich erholt hat.
Vielen Dank für dieses mutige Buch. Möge es viele Menschen hilfreich auf ihrem Weg begleiten, so wie es das bei mir getan hat.




Im Irrsinn der Tage
„Nachtlichter“ – Gedichte von Norbert Sternmut
Rezension von KULIMU / Zeitschrift für Kunst, Literatur, Musik –
Jürgen Hachmann Österreich 2010.

Norbert Sternmuts neuester gedichtband führt die vorwiegend apokalyptische thematik seiner früheren lyrik fort und bildet darüber hinaus zugleich einen summarischen höhepunkt seines bisherigen lyrischen Schaffens. Die geballte Sinnlichkeit immer wieder überraschender, verschiedenartigstes zusammenzwingender komposita erscheint nun konzentrierter, da es dem autor hier überzeugend gelungen ist, den in früheren arbeiten manchmal leer laufenden Schutt quasibarocker obsessionsarabesken entscheidend zu reduzieren und zu bändigen. Vom cartesischen ego bleibt bei Sternmut auch in „Nachtlichter“ nur leere alternativlosigkeit. Indem das bewusstsein um die letalität aller verhältnisse selbstbetroffen weiss, tritt es „abgewrackt“ auf: sein ich wird zum oszillierenden „n(ich)t, das es als ideologisch überkommenen spiegel sprengt und mit ihm seine welt. Die unglaublich leuchtende präsenz der in diesem band enthaltenen gedichte verdankt sich derart einer untrennbar mit ihr verbundenen nacht, welche die wesentlich-wesenlose „Enthüllung durch die Abwesenheit, den Verlust und das zerstobene Jenseits“ (Maurice Blanchot) erst ermöglicht. Durch ein für den autor charakteristisches ineinander von erotik, erkenntnis-,individual-und gesellschaftskritik gelingt es den gedichten, eine höchst eindrucksvolle befindlichkeitsszenerie zu gestalten, das man wohl mit den worten Max Hölzers u.a. als „Land das in tausendfacher Erektion / der Geduld spottet – „Antwortloses“ zutreffend charakterisieren kann. Erst, wer Merlins kräfte und noch viel mehr ersehnt, erleidet, dass er sie nicht hat. Gegenüber allem „maschinenpuritanismus“ (Ernst Fuchs) und seinen vielen, derzeit modischen ideologemen erscheint so gerade das „abgewrackte bewusstsein“, das sich mehr als bloss hegelianisch aushält, als das umfassendere, so z.B. auch im spott über das szientische nichtdenken der hirnforschung: „Dort die Ameidenstraße: das menschliche / Gehirn, es forscht / Über sich selbst, will wissen / Sich zeigen / Als es selbst, in Patagonien…“ Sternmut ist mit seinem neuesten gedichtband ein literarischer wurf von hervorragender qualität gelungen. Man kann nur hoffen, dass dieses werk seinem rang entsprechend aufgenommen und seinem autor die zudem längst überfällige anerkennung für seine künstlerischen leistungen endlich zugestanden wird.




Dynamische Musik in Worten
Mathias Abdulkader

Norbert Sternmut schreibt klasse, eine Klasse für sich.
Fast im Rückwärtsgang sortiert er Worte und Sensitives fein-wörtlich.
Zwischen Timing und gewaltloser Prügelei dichtet, schlichtet und verdichtet Sternmut. Von Worten, die im Detail zum Spielball werden
und als Kontakte mit den eigentlichen NACHTLICHTERn verschmelzen.
Der Kampf ums Gedicht ist bei Sternmut immer ein Impuls zwischen Vor und Hauptwäsche. Irgendetwas sauber zu dichten oder es sauber zu sagen, so wie es auch ist. ECHT. Man will dem Gedicht glauben. NACHTLICHTER von Norbert Sternmut zähmt das Wohlbefinden in Worte.
Was in Sprache für Diabetiker als gesund gilt, ist in Wirklichkeit nur eine Zwischenmahlzeit. Erst, wenn wir verstehen, wie die königlichen Worte von NACHTLICHTER in den Abgründen und den Teilen unserer fremden Seele wirken können, erkennt man den Anspruch dieses Werkes.
Ein Kraftakt und nur für Leser geeignet, die sich im abstrakten Denken von Norbert Sternmut selbst wieder finden. Die Gedichte selbst sind splitternackt, eine Ekstase, die man zulassen muss.
Die Fragezeichen, die bleiben, sehe ich als Herausforderung zur Besinnung ums Gedicht.




DIALEKTISCHE LYRIK
Norbert Sternmut, Nachtlichter (Pop-Verlag, Ludwigsburg 2010) 103 s., 14,30 Euro

Rezension von Karl-Heinz Schreiber, Literaturzeitschrift „KULT“

„Ich weiß, / Ich entkomme aus mir. / Aus dieser Stimme, dieser Haut. / Diesem Wunsch nach Einigkeit.“
Mit diesen Zeilen auf der Rückseite präsentiert uns Sternmut seinen neuen Lyrikband und das immer wieder (nicht nur) in der modernen Literatur virulente Problem der Identität bzw. der Integrität einer sich selbst bewussten Persönlichkeit. Schon die Behauptung „Ich weiß ist kühn, denn sie etabliert ein „Ich“ (dessen Existenz ja in der modernen Philosophie / Psychologie / Hirnforschung umstritten ist), wie es an Sokrates und Descartes mahnt. Dann heißt es wohlweislich nicht „ich komme“, sondern „ich entkomme aus mir“ – eventuell doch eine sprachlich riskante Doppeldeutigkeit?!
Die Modellvorstellung ist ja ebenso unvermeidlich wie absurd: um sich zu entfliehen, muss man erst existieren. Versteckt ist hier auch die Frage nach dem Sein-Wollen. Mit der „Stimme“ und der „Haut“ werden relative Äußerlichkeiten einer Identität benannt. Die „Einigkeit“ kann als Voraussetzung und als Zielvorstellung gelten: ich brauche sie, um mich mit mir aus-ein-ander-zu-setzen. Identitätsfindung (Identitätsfahndung?) ist eben ein dialektischer Vorgang: These (Ich weiß“) – Antithese („entkomme“) -Synthese („Wunsch nach Einigkeit“). Dieser Prozess ist hier kurz und prägnant wie selten in (noch dazu) lyrische Worte gefasst.
Nun könnte man obige Zeilen noch weiter bedenken und analysieren – allerdings muss man einen Lyrikband auch erst einmal komplett durchlesen mit großzügiger Aufmerksamkeit, um zu sortieren nach Texten mit unterschiedlichem sprachlichem, thematischem und existentiellem Tiefgang. Die Kunst besteht ja immer darin, etwas Innerliches mit etwas Äußerlichem auszusagen, etwas Allgemeingültiges durch etwas Besonderes – und das in einer jeweils eigenen Sprache.
Und da sind wir eben bei Sternmut richtig, er weiß um den „sonderbaren / Grenzverlauf der Hirnhälften“, er bewegt sich im „Sumpfgebiet meiner Ahnung“, er findet das Wesen einer Angelegenheit „in sich mit anderen Worten“. Und schließlich die erschreckende Erkenntnis: „Nichts ist wahr wie es ist.“ Und der „Samenstrahl der Sprache“ ist ausgeliefert dem „Waffenblick der Wirklichkeit“. Es hilft nur die „Selbstmutmachung“ während wir den „Sekundentanz des Bewusstseins“ erleiden im „Dschungel der Vorstellung“. Und immer müssen wir so tun, „als gäbe es Aussicht / auf Wirklichkeit“, als sei „die innere Welt ausgelotet“, aber „das eigene Ich / die innere Verwerfung“ bringt uns bestenfalls in „Nichtsnichts des Gesprächs“. Da existieren wir in der Kommunikation mit dem Universum am Vereinigungspunkt von Raum und Zeit – und da passieren die unwichtigsten und die wichtigsten Dinge gleichzeitig: „Der Salamander fiel in ein Wasserloch / Und ertrankt, / Während eine Erdkröte gerettet wurde, / Einen Tag zuvor in Kalifornien.“
Und wieder einmal geht es um den Tod und die Liebe und die poetische Flucht aus der Melancholie. Und irgendwie wird die Vorstellung einer Endgültigkeit auch schon wieder komisch, wenn es heißt: „Der Tod ist das Ende vom Tod.“ So eine Formulierung dreht sich ebenso wirr in unserem Hirn wie die Aussage „Ich lüge“ – aber die Wahrheit ist ja eben das Gipfelkreuz des Sisyphos. Das war jetzt ein Aphorismus von mir, über den man auch noch einmal nachdenken könnte.




Norbert Sternmut: Nachtlichter
Ludwigsburg 2010
Einige Worte von Marlies Eifert

Wer kennt es nicht: Das Fräulein, das sich so sehre nach dem Sonnenuntergang sehnt (1) und danach vom Dichter (Heinrich Heine) auf den Boden der Tatsachen zurück geschickt wurde:

Dieses Fräulein würde in dem Gedichtband von Norbert Sternmut ‚Nachtlichter‘ nichts finden, was ihm gefallen könnte: keinen blauen Himmel, keine laue Luft, keine goldene – Pardon: güldene – Sonne etc.
Was sollte es denken, wenn es, das Fräulein, zu lesen bekäme, dass das ‚Nichts im Weltmeer schwamm‘ (S.36) oder wenn plötzlich in einem Gedicht eine herunter rollende Denkschale den Weg kreuzte? (S. 21)

Während das Fräulein bei dem, was es wahrnimmt, einiges ausspart (Unglück, Ungereimtheiten etc.), schaut Norbert Sternmut genau hin. Er benennt ihn: den Unterdrücker der Magengegend, weiß um die Darmschlinge (S.9), die aufmuckt, bevor das ‚Wegfinstern‘ (eine imposante Wortschöpfung!) angesagt ist. Er weiß um vieles, erinnert sich an manches – auch aus seiner Kindheit. Einer Kindheit, in der ‚Asseln der Schwarzkohlen schwarzselig‘ eine Rolle gespielt haben.

So herrschen in dem Lyrikband offensichtlich die düsteren Kapitel vor.

Aber nicht vergessen sollte sein, was das Buch verspricht: NACHTLICHTER. Immerhin ist von Lichtern die Rede, die aus der Folie der Dunkelheit heraus leuchten. So sagt es das Deckblatt.

Lichter im Spielkasino. Las Vegas, Los Angeles. Sie werden zum Hintergrund (pardon: ‚background`) für eine Schöne, die auf den Tischen tanzt. (S.7)

Lichter am Himmel, am Sternenhimmel. Der Begriff ‚Sternenhimmel‘ setzt Assoziationen frei: gemüthafte Assoziationen von Sternen, die am Himmel stehen und die von ‚Gott dem Herrn‘ gezählt werden. Was jedoch ist nach Norbert Sternmut aus diesen Sternen geworden, wenn man den Büchern über den Weltraum (S. 10) glauben darf?

Sie mutieren zur 'elektrischen Ahnung'.

So wie Heinrich Heine das Fräulein am Meere auf den Boden der ‚Tatsachen‘ zurückholt, tut dies Norbert Sternmut mit seinen Lesern. Die gemüthaften Assoziationen sind Schnee von gestern.
Schade eigentlich, wenn ich ehrlich bin.

Noch eine Überlegung in dem Zusammenhang. Norbert Sternmut benutzt es noch: das Wort Sternenhimmel. Er sagt nicht: da oben (wobei von 'oben' ja nun eigentlich keine Rede mehr sein kann) nehme ich elektrische Ahnungen wahr (S.10). Nach Heidegger ‚spricht die Sprache‘. Sie hat so etwas wie eine eigene Dynamik. Und so lange es das Wort Sternenhimmel gibt, solange es gebraucht wird, besitzen wir den Sternenhimmel, diese Art von Himmel…

 

Mit Novalis ‚Hymnen an die Nacht‘ wenden wir uns gemeinsam mit Norbert Sternmut dem Tag zu. Zwar preist Novalis den Tag, aber er sieht auch dessen Oberflächlichkeit:

`Wie arm und kindisch dünkt mich das Licht Mit seinen bunten Dingen‘

Norbert Sternmut sagt nicht, dass das Licht ‚kindisch‘ sei, spricht nicht von ‚bunten Dingen‘. Vielmehr sieht man ihn ‚angekettet im Warenhaus des Alltags, dem Wurmfortsatz des Seins (S. 13)‘. Das Warenhaus, die Fußgängerzone - Symbol für die Oberflächlichkeit des Tages, des Lichts?

ABER:

 

Die Krankheit, der Kampf gegen die ‚wuchernden Zellmonster‘ gibt den Blick frei auf ‚Sommerspiele, als gäbe es Zukunft und Aussicht‘ (S.17). Sommerspiele spielen sich am Tag ab. Und sie werden als etwas Schönes gesehen. Eine unbekümmerte Jugend kommt ins Blickfeld, das tausendfache Getriebe vor den Schaufenstern (17).

Da gibt es auch den ‚Sommer einfach‘ (S.50)

‚Den ganzen Sommer
will ich dir schenken
mit offenem Herzen

einfach so.‘

 

‚Einfach so‘- möchte ich die Betrachtung schließen und weitere stern–mutige Lyrik und Prosa erwarten.

 

(1)

Am Meer

Heinrich Heine

Das Fräulein stand am Meere

Und seufzte lang und bang,

Es rührte sie so sehre

Der Sonnenuntergang.

 

‚Mein Fräulein, sei’n Sie munter,

Das ist ein altes Stück;

Hier vorne geht sie unter

Und kehrt von hinten zurück.‘




Norbert Sternmut: Nachtlichter

Norbert Sternmut kann eine beachtliche Liste an Veröffentlichungen vorweisen – darunter allein 11 Lyrikbände, aber auch Romane, Kurzprosa und Theaterstücke.
„Nachtlichter“ ist seine neueste Lyrik-Sammlung.
Wieder habe ich – wie schon beim letzten Band „Fadenwürde“ – Probleme, seine eigenwilligen Wortschöpfungen zu verstehen und hinter den Sinn der Verbindung von Begriffen zu kommen, die in meinen Augen nichts gemeinsam haben. Doch immer wieder blitzt in den verschlüsselten Botschaften Verstehen durch, die Worte „greifen“ und ich kann spüren, was mitschwingt. Und auch ohne zu verstehen, faszinieren Rhythmus und Sprache, wirken unterbewusst, intuitiv, sprechen Gefühle an.
Hier ein Beispiel:


Gehirnhälfte

In Flüssigkeit: ich gehe
Ab durch die Wurzeln der Fichten

Und Buchen und Eichen.

Das Sternherz

Steht in den Schüben,

Träumt sich aus,

Schreit und kündet

Vom sonderbaren

Grenzverlauf der Hirnhälften. (S. 11)

www.kultura-extra.de
Armgard Dohmel - red. / 22. Mai 2010



Norbert Sternmut: Nachtlichter
Rezension von Regina Schleheck, Mai 2010

Lyrik gilt zu Recht als die subjektivste der literarischen Gattungen – im doppelten Sinn: der Autor kann hier tief in innersten Gefühlen und Gedanken gründeln, sie verdichten, gestalten, verschlüsseln, während es dem Leser frei steht, das Ergebnis an ganz ureigene Erfahrungen und Fantasien anzudocken, staunend innezuhalten, verständnislos den Kopf zu schütteln oder sich gleichgültig abzuwenden. Mehr als jede andere literarische Form muss das Gedicht uns „etwas sagen“, uns zusagen, zu uns sprechen. Was wir allerdings dazutun müssen: uns darauf einlassen.
Seit über einem Vierteljahrhundert veröffentlicht Norbert Sternmut, 1958 als Norbert Schmidt in Stuttgart geboren, Kurzprosa, Romane, Dramen, und immer wieder Lyrik. Der Anfang dieses Jahres im POP Verlag Ludwigsburg erschienene Titel  „Nachtlichter“ ist sein vierzehnter Gedichtband und enthält 92 Wortkunststücke – vom Fünfzeiler bis zum Dreiunddreißigzeiler – , in ihrer thematischen Fülle schwer eingrenzbar, die aber ein Grundton verbindet, ein Suchen, das in seiner Vehemenz unterschiedlich ausgeprägt ist: vom Wüten, vom erbitterten Ringen bis hin zum melancholisch-resignativen Klagen, aber es gibt auch die Momente, in denen ein Licht der Hoffnung, der Erfüllung oder der Erkenntnis aufblitzt.
Am augenfälligsten ist diese Ambivalenz in den Gedichten, die von Liebe sprechen und von der Vergänglichkeit erzählen. So in „Alte Liebe“ (S.16), „Bolero“ (S.83), „Löwenbrunnen, wasserspeiend“ (S.73), „Sonnenuntergang“ (S.55) oder „“Pochender Puls“ (S.54), sich aber auch in ironisch-spielerischer Leichtigkeit dem Thema nähern können: „Ich seh ihre Auge, seh ihre Lippen Die Haare gehalten von … Zwei goldenen Spangen … dummdideldei“ in „Gen Süden“ (S.62). Leichtigkeit, gepaart mit staunender Ernsthaftigkeit, begegnet uns auch in der Betrachtung des „Wombat“ (S.32). Dennoch: nur wenige der Gedichte sind leichte Kost. Das lyrische Ich ist auf der Suche, der ewigen Suche nach „N(ICH)T“ (S.43): „Wer ist ich“, lautet der erste Vers in „Lichtschranken“ (S.68). Es ist eine schmerzhafte Suche: „Die innere Welt, ausgelotet, Ich und Es, den Angstkern gesprengt, Der aus der Mutter sprach ...“ heißt es in „Bewusst, wie“ (S.48). Die Verletzungen der Kindheit werden mehrfach thematisiert, so in „Abgeschrieben“ (S.31), in „Im Kindheitskeller“ (S.70) oder auch vermittelt in „Jenseits von Edenkoben“ (S.78). Immer wieder wird das Ringen um den Glauben, um Erkenntnis spürbar, etwa in „In den Gehörgängen“ (S.76) oder „Im Kirchengestühl“ (S.13), aber auch die Schwierigkeit ihn zu leben: „Auch ich sah: Uns angekettet, im Warenhaus des Alltags“. Gegen die Oberflächlichkeit, den Trug im „Maskenland“, wo der Schein „Fassadenfilz“ trügt, spricht sich „Eigenblut“ (S.33) aus. Als Warnung vor dem medialen Suchtpotential kann wohl „Ins Netz gestellt“ (S.24) und vor der resultierenden Verblödung „Sumpfdotterdämmerung“ (S.79) verstanden werden, wo gegen den „täglichen Hirnmüll auf den Schirmen“ gewettert wird. Gegen den Krieg richtet sich: „Und jemand spielt“ (S.56), wohingegen das „Endgedicht“ (S.99) versöhnlich Liebe als Gegenrezept empfiehlt: „Auf Schlachtfeldern und in Gedanken, Macht Liebe, wo wir uns finden In den Steppen und den Wüsten, Macht es den Kriegstreibern vor“.
Hart zur Sache geht es in den Gedichten, die von Krankheit und Tod sprechen: „Blendwerk des Sterbenden“ (S.25), „Endlich“ (S.44) oder auch in „Schlingen, sief“ (S.86). Mein persönlicher Favorit ist dabei „Krebsgänge, vermessen“ (S.17), wo Wut und Ohnmacht aus dem „Seelenmüll in weißen Laken“ sprechen, aber gleichzeitig auch der unbändige Lebenswille: „Doch ich Gesundete, ging hinaus und schrieb, schreibe noch immer: Ein Nadelgewächs des Bewusstseins, sternmutig.“ Hier hinterlässt Norbert Sternmut seine ganz persönliche metaphorische Signatur und spricht aus, was ihn antreibt, offenbart im Bild des Nadelgewächses auch das Wie: er piekst in unser Bewusstsein, hält uns wach, fordert uns mit seinen Bildern, mutet uns etwas zu. Aber er gibt uns auch viel, nicht zuletzt so wunderbare Wortschöpfungen wie in „Über die Feldkrume“ (S.9): „Auf der Startbahn Bewegt sich niemand sinnwärts, über den Salbenstrang der Vorstellung, Verwesung, die in uns wohnt Als Untermieter in der Magengegend, Herzarterie, Darmschlinge, Bevor wir wegfinstern, Abherzen, aushalsen, Entzeiten, abkreuzen.“
Das Wie, die Form, in die Sternmuts Gedanken gegossen werden, macht das Ringen doppelt anschaulich, denn auch die Worte sind ambivalent, rätselhaft, sperren sich dem unmittelbaren Verständnis, was insbesondere in den Gedichten zur Sprache gebracht wird, in denen es um das Ringen um Worte, um das Verstehen, um Verständigung geht: In „Ins Wort gefallen“ (S.60) oder in „Eingesperrt im Kohlenkeller“ (S.90). In „Mit anderen Worten“ (S.8) heißt es: „Eine Sprache, ein anderes Wort für Dornengestrüpp“, oder in „Wortlesung“ (S.45): „Man will verstehen, was gesagt wird Zwischen den Zeilen, wird es hell, finster, hell Schweifen die Blicke, greifen die Sätze Den Raum, die Worte Der Sprachschatten … Die leere Sprachkuppel“. Die Metapher „sprachschattig“ findet sich wieder in „Lebenswerk“ (S.37) und „Sprachschatten“ ist auch der Titel eines Gedichtbands, den Sternmut 1989 veröffentlichte. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Worte können erhellen und verdunkeln. Und dennoch: „Rede, rede über das Dasein“, fügt Sternmut in Klammern an in „Sumpfdotterdämmerung“ (S.79). Sein persönliches Überlebensmotto, das er uns allen mit den besten Wünschen ans Herz legt: „Eine Krume Licht“ (S.98): „Wünsche ich den Spielenden, Der Stadt und dem Land Und dem Obdachlosen der Platte, Noch meinem ärgsten Feind. Eine Krume Licht wünsche ich euch. Und den Mut aus dem Stern In der Nacht der Erschütterung, Jeder Kreatur unter der Sonne, Jedem der unsrigen, die hier Verweilen, solange es geht.“ Den Sternmut, aus der Verzweiflung geboren, aber immer dem Licht entgegen strebend, und sei es noch so klein.
Dem Wunsch, dass Sternmuts Lyrikband dies dem ein oder anderen zu vermitteln gelingt, kann ich mich nur anschließen.
Regina Schleheck, 26. Mai 2010




„Nachtlichter“ von Norbert Sternmut – Pop-Verlag, 2010,
Rezension Peter Malzacher, Ludwigsburg, 2010

„Nachtlichter“ gegen hohen Blutdruck

Es gibt bei Norbert Sternmut Gedichte, wo mir der Zugang schwer fällt, der Zugang zu ihrem Bild in meinem Kopf, meine ich. Es gibt aber auch welche, hauptsächlich im vorderen Teil von „Nachtlichter“, da scheint mich der Sinn geradezu anzuspringen. –
Halt! Da gehen die Warnlichter an!
Darf ich als Leser ein Gedicht überhaupt so verstehen, muss ich nicht sogar danach trachten, es nicht zu verstehen, getreu Walter Benjamins „wer ein Gedicht verstanden hat, hat es nicht verstanden“?
Verstehen und Nichtverstehen scheinen sich hier gegenseitig ad absurdum zu führen. Man kann dem nur entkommen, wenn es einem gelingt, völlig los zu lassen, sich dem Dazwischen hinzugeben, dem Nichtwort zwischen den Wörtern (Hilde Domin), den Leerräumen, die durch die Worte geschaffen werden (Yasmina Reza), der Antwort der Dinge aus dem Namenlosen (Ernst Jünger).
Bei Norbert Sternmuts Gedichten, von ihnen angeregt, gelingt mir das, glaube ich. Ein Nebenprodukt: dieser meditative Vorgang mit absolutem Stressabbau führt (bei mir) zu einer Senkung des (zu hohen) Blutdrucks (kein Scherz).
Haben Sie ebenfalls einen zu hohen Blutdruck? Dann versuchen Sie es doch auch einmal mit „Nachtlichter“, aber nicht nur deswegen, bitte.




Rezension
Dr. med. Beate Hirt, Ärztin, Psychotherapie

Norbert Sternmut - "NACHTLICHTER"

Nach "Fadenwürde", der Auseinandersetzung mit den menschlichen Niederungen bis hin zum Holocaust, halte ich nun Sternmuts neuen Gedichtband "Nachtlichter" in Händen. Was würde der Autor jetzt thematisieren, mit seiner sensiblen, wortschöpferischen, assoziativen Sprache gestalten?
"Nachtlichter" spricht von der Nacht des Schmerzes, der Krankheit, des Ausgeliefertseins (z.B. der Peitsche der Mutter, der Kinderangst vor der Assel im verschlossenen Keller), der Scham, des Todes. Er spricht von den Lichtern in der Nacht, vom Trotzdem. Man spürt, der Autor weiß, wovon er spricht. Erinnertes kristallisiert sich zum Wort: "Bloß ein Wort als Lichtgestalt steigt aus den Gräben, als Trosthhappen".
Das für mich zentrale Gedicht "Krebsgänge. Vermessen" schildert die eigene Krebserkrankung und Gesundung in sechs Schritten. Immer wieder erwächst "Mut aus den Sternen" (Pseudonym:Sternmut!) , von Schlingensief und der "verschlingenden schönen Ackerscholle" bis zum Staub um "die Rose jedes winzigen Prinzen". Ein Genuss, die Wortneuschöpfungen: wegfinstern, abherzen, aushalsen.
Bei aller Intensität der Nacht schreibt Sternmut: "Ich weiß, dass ich entkomme aus mir."
Ich fühle mich in diesem Buch verstanden in meinen eigenen Finsternissen, getröstet, aufgerichtet. Der Autor wünscht uns Lesern in seinem vorletzten Gedicht "eine Krume Licht und den Mut aus dem Stern in der Nacht der Erschütterung".
Und im "Endgedicht": "Und dennoch schürt die Herzflamme!"
"Beginnen wir jenseits des Dunkels in uns..."
Ein tröstliches Buch, das die Nacht kennt, aber auch das Aufflackern von Licht.




Norbert Sternmut - "NACHTLICHTER"
Für die Schönheit der Sprache, 5. Mai 2010
Prinz Prospero "PP" (Hessen) bei Amazon

Soviel vorweg: Norbert Sternmut ist ein Schalk, ein ernsthafter, ein ernst zu nehmender, ein Schalk mit ernsthaftem Hintergrund, aber ein Schalk. Dies wurde mir schon gewahr, als er mich per Mail ermunterte, doch mal für sein neues Werk eine Rezension zu schreiben und sich in einer weiteren schon - schalkhaft manipulativ - für deren Erscheinen im Voraus bedankte. Nun gut, ich schreibe nur aus eigener Überzeugung, habe ein verpflichtendes Rezensionsexemplar von ihm dankend abgelehnt und mir das Buch über den Buchhandel selbst gekauft. Diese Rezension entsteht also nur deshalb, weil mich die Kurztexte in Gedichtform überzeugt haben.
Wenn es also bei Amazon-Rezensionen darum geht, eine Kaufentscheidung zu fällen, so kann ich das - auch äußerlich sehr ansprechende - Buch aus dem jungen und aufstrebenden "POP-Verlag" in Ludwigsburg nur jedem Lyrik-Liebhaber zur Lektüre empfehlen. Der Umschlage entspricht dem Titel, die Hintergrundfarbe des Paperback ist schwarz, die Titelseite sehen wir oben, auf der Rückseite befindet sich ein sehr charismatisches, einnehmendes und wohl aktuelles Foto vom Dichter.
Was die Form der Gedichte angeht, so sind diese als freie Rhythmen reimlos und von Leerzeilen und Zeilensprüngen in Wortzusammenhänge oder kurze Strophen zerhackt, wohl um den Leserhythmus in die gewünschte Richtung zu lenken: Ein seit den 70ern gern angewandtes und inzwischen etabliertes Stilmittel, denn auch die Leerzeile bildet eine Silbe, wird also im Takt des Metrums mit gelesen und gehört wie jedes geschriebene Wort dem Gedicht an (Sternmut spielt übrigens genial damit, verwirrt und stellt so doppeldeutige Lesarten her, verbindet und trennt die Bedeutungen, was eben noch klar schien, erhält im Nächsten eine neue Dimension, ändert die Sinngebung und die Lesart). Auffällig, dass die Verszeilen alle in Großbuchstaben beginnen, wie seinerzeit bei Hermann Hesse, aber schön, diese übernommene und originelle Eigenheit.
Inhaltlich kommen mir die Texte wie eine Bestandsaufnahme des Jetzt-Zustandes vor, wobei auch oft auf die Vergangenheit rekurriert wird: Wo stehe ich, wo komme ich her, warum ist es, wie es ist? Wer Gefühl vermisst, etwa das Wort "Liebe", der mag nur zwischen den Zeilen lesen und auch dies zeugt von Norbert Sternmuts können: Er spricht nicht direkt von Enttäuschung, Verletzung, Leiden, doch in jedem Text schwingen diese Emotionen unterschwellig mit und wer sich öffnet wird einen sentimentalen Menschen in Norbert Sternmut finden, einen Sehnsüchtigen, einen Liebenden, einen Leidenden:

Selbstbild, jetzt

Ich hätte etwas gesagt von der Sonne,
Die mich verfolgt,
Wie gesagt, von klein auf

Auf der Suche nach Bewusstsein
Im inneren Schneegestöber, täglich

Himmelswüst. Ich suche es,
Wollte es suchen, was bestimmt, bevor
Ich endlich verschwinde.

Doch allein die Auswahl der stimmigen und frischen Worte und deren feine und gefühlvolle Setzung machen aus dieser einmaligen Gedichtesammlung ein kleines Meisterwerk, wer tiefer eindringt und in den Sinn dringt, wird freilich höher belohnt. Ein toller Wurf. PP



„Fadenwürde“ Gedichte, Norbert Sternmut, 2009
Rezension Volker Schopf

Wer Norbert Sternmuts Texte zum ersten Mal liest, steht gleichsam vor einem Rätsel, das sich erst mit der Zeit entschlüsselt. Eine erste Ahnung von der Magie seiner Sprache erhält der Leser, nachdem er den Rhythmus der Texte entdeckt und so einen ersten Zugang zum Kosmos von Sternmuts Lyrik gefunden hat. Von diesem Zeitpunkt an tritt Sternmuts Sprache zusehends in den Hintergrund, spricht im Verborgenen, spricht an und bringt das Hintergrundrauschen des eigenen Selbst zum Klingen. Sternmuts Lyrik schafft für den Leser, der sich darauf einlässt, einen persönlichen Zugang, indem er ihn hineinzieht in seinen Kosmos, dort das eigene Selbst erlebbar, erfühlbar macht, Wortkatalysatoren, die seine Texte zu einem „Erkenne dich selbst“ werden lassen und damit zum Träumen, Erinnern und Verstehen anregen. Jeder Text ist ein Multiversum. Und wollte man einen beispielhaft herausheben, so würde man den anderen Unrecht tun. Und so wandert der Leser, den eigenen Erinnerungen und Gefühlen folgend, von Seite zu Seite, der Melodie der geflüsterten Worte längst enthoben, liebt, ist traurig, neugierig und nachdenklich. Sternmuts Lyrik öffnet selbst, gerade nach mehrmaligem Lesen, neue Blickwinkel und ist dadurch zeitlos, immer neu, nie langweilig – auf den Punkt gebracht – ein „MUSS“.



„Fadenwürde“ Gedichte, Norbert Sternmut, 2009
Rezension von Aylin Jüngling (17 Jahre)

Ich sitze auf der Couch mit diesem dünnen Lyrikband in der Hand: „Fadenwürde“ von Norbert Sternmut. Was ich darüber denke, will ich als Rezension später aufschreiben. So etwas habe ich noch nie gemacht, aber bevor ich überhaupt irgendetwas bewerten kann, muss ich es ja erst einmal lesen.
Also schlage ich das Büchlein auf der ersten Seite auf und beginne zu lesen. Das erste, was mir auffällt, sind diese Wörter, die es eigentlich gar nicht gibt. Wörter, die aus anderen zusammengesetzt zu sein scheinen und so gar nicht existieren.
Ich las einfach und versuchte gar nicht erst, auch nur eines der Gedichte zu analysieren. Während ich also so saß und die Worte, Sätze und Strophen einfach auf mich wirken ließ, hatte ich immer wieder das Gefühl, eine gewisse Richtung erahnen zu können, in die sich ein Gedicht bewegte. Oft wurde ich dann aber im nächsten Satz wieder zurück geworfen. So geschüttelt und aus der unbeständigen Bahn gerissen, dass alles noch wirrer und unverständlicher für mich war als zuvor.
Jeder Versuch, die Gedichte in Fadenwürde verstehen zu wollen, war völlig hoffnungslos, das habe ich bald erkannt. Man muss seinen Verstand abschalten und sie einfach wirken lassen.

Immer wieder kommen in den Strophen schöne, positive Wörter, Metaphern und Formulierungen vor. Hört man sie einzeln, kann man sie schon fast als romantisch bezeichnen. So zum Beispiel: Tränenzelt, Zeitkerze, kristallklar, Sonnenbucht, Sonnengleich in den Himmel des Verliebten, Reichtum der Sonne, Schmetterling, Schwan, Schlummersterne. Man muss an dieser Stelle jedoch erwähnen, dass auf solche Worte fast immer andere folgen, die alles andere als romantisch sind. Sie sind gruselig, ja, fast eklig. Viele dieser Formulierungen beschreiben etwas Anatomisches, eine Krankheit oder Verletzung. So zum Beispiel, Schattenschwüre, Blutkorken, Luftnarbe, der Adern, des Fleisches, Seelenwund. Es sind unangenehme Beschreibungen wie Schrottplatz der Grütze und Magen des Zweifels. Auch „Irrsinn“ kommt in verschiedenen Zusammenstellungen immer wieder vor, als „Irrengrund“ beispielsweise. Die am häufigsten benutzten Formulierungen haben allerdings alle etwas mit dem Kopf oder dem Gehirn zu tun. So zum Beispiel: Hirnlappen, Hirnrinne, hirnzellig, Hirnwindung, Gehirnhülle, Schädellappen, Hirnritze usw.

Wörter verbindet man automatisch mit gewissen Dingen, Erfahrungen, Empfindungen und Gefühlen. In „Fadenwürde“ wird das ausgenutzt. Durch groteske Verdrehung dieser Assoziationen wird eine Stimmung geschaffen, die meist düster und unverständlich ist. Es ist wie in einem Traum, der jeder Logik entbehrt und der sich nicht in irgendwelche Schemata drücken lässt. Er muss und kann nicht erklärt werden. Er gibt vielleicht keine Hoffnung, aber er hat etwas Wahres.




Norbert Sternmut - "FADENWÜRDE"
http://www.kultura-extra.de/literatur/literatur/rezensionen/norbert_sternmut_fadenwuerde.php

Das Gedichtbändchen ist eine Fundgrube für Fans moderner Lyrik: Auf 93 Seiten findet man ein Feuerwerk skurriler Wortschöpfungen, Gedankenbilder und Sprach-Metaphern. Die Zeilen fließen ineinander und der Sinn erschließt sich (für mich) nicht immer. Manche der Gedichte könnten verrückte Traumbilder sein in einer Sprache, die nicht zu „greifen“ und nur intuitiv zu erfassen ist.

Hier einige Titel als Beispiele für Sternmuts Spiel mit Sprache: „Seelenlandvermessung“, „Nirgendswende“, „Sprachzwang“, „Bleivogel im Hof“, „Urwerk“, „Niemandswasser hoch“.

Norbert Sternmut (Künstlername), Jahrgang 1958, hat eine lange Liste von Veröffentlichungen in den Sparten Lyrik, Theater, Kurzprosa und Romane vorzuweisen und veröffentlicht seit 1980 in Zeitschriften und Literaturmagazinen. Mehr über ihn und seine Arbeit findet man auf seiner Homepage: www.sternmut.de



Rezension
Dr. med. Beate Hirt, Ärztin, Psychotherapie

Norbert Sternmut
Fadenwürde
Ludwigsburg, 05.06.2009


Der neue Lyrikband geriet mir anlässlich einer Lesung des Autors in die Hand. Assoziative Texte, die ich zunächst nicht verstand, bis ich das Verstehenwollen aufgab, resigniert die Augen schloss, bis sich Augen von innen öffnete, es wie Schuppen von ihnen fiel, der Text traumwandlerisch klar wurde. Die Gedichte stürzen in eine Tiefe, in die die Vernunft nicht reicht, zu kurz greift, oft mehr verbirgt als zum Aus- Druck bringt. Mutiges Ausloten der Seele, auch der eigenen, an der Hand des Autors.
,Fadenwürde', ein Wort, angeregt durch Artikel 1 des Grundgesetzes: "Die Würde des Menschen.." reicht von "Elfriede (Jelinek) auf Erden (,Du kommst mit den Worten nicht nach, Elfriede, die Irre ist größer") über den Holocaust und unseren Umgang oder Nichtumgang mit der Schuld (,.einer erstach Frau und Kinder [...] ging in die Küche [...] strich sich ein Brot...'').


,die Würde des Menschen der Ausgrenzung....'

,die tägliche Speise des Vergessens....

der Güterbahnhöfe schnell im Frühjahr
im Lager wie Tiere im Raum..."

,Es verändert sich: herzwärts......

(der süßliche Geruch aus den Kammer den Kammern)

Ich weiß, dass ich entkomme in die Lüfte
ganz leicht und schmerzlos
nichts halten wir fest nichts steht uns zu
nichts..."

Erschreckende Verse, heilende Verse führen in Abgründe von Schmerz und Glück oder dahin, wo beides in eines fällt.
"über glühende Kohlen an niemandes Hand'

Mit dieser Textkollage will ich schließen. Eine Bitte möchte ich noch anschließen: Freunde des Wortes, lasst sie hinein, diese Verse in eure Herzen!



Rezension
Georg Grimm-Eifert

Norbert Sternmut
Fadenwürde
Pop, Ludwigsburg 2008


Unter dem Titel 'Fadenwürde' legt Norbert Sternmut eine neue Sammlung assoziativ gebildeter lyrischer Gestaltungen vor. Im Kreis derer, die diese Art  Lyrik schätzen, wird er eine eigene Stimme abgeben. Mit Gewissheit kann man sagen, dass durch ihn die Vielfalt im Assoziativen erweitert wird.
Die Rezension möchte sich dort einpflocken, wo Interessen bemerkbar werden, die vermutlich von vielen Lesern geteilt werden. Es ist das Interesse an neuerer Malerei (S.14)
„... der Künstler in Modellen Figuren Brandluft. Das Frühstück im Freien die Figur sie fordert/ das Gras es färbt sich das Thema:“
Das 'Frühstück im Freien' (1861) von Edouard Manet geht auf ein berühmtes Bild der italienischen Renaissance zurück. Eben auf Giogiones gleichnahmiges Bild. Sowohl bei dem Italiener als auch bei Manet sitzt eine unbekleidete Frau im Kreis von Männern in zeitgenössischer Tracht. Die Herren tragen Kleidung aus der Zeit um 1860. Einer macht eine rhetorische Gebärde: „..der scherbende(n) Gewalt der Worte der feinen Gesellschaft die sich erregte...“ Tatsächlich erregte sich damals die Kunstkritik. Diese wurde später ein- ums andere Mal herausgefordert nicht zuletzt von Picasso. Diesem widmet der Lyriker eine Seite seines schmalen Bandes.


Da die Lesenden sehr häufig Schreibende sein werden, kann ihnen kaum unverständlich sein, wenn der Autor sich gleichsam hinterm Ohr kratzt und mangelnde Raissonanz registiert(S.75)

Der sich Einlesende wird nicht nur gefangen vom Netz der Assoziationsketten, er wird auch wieder hinaus geworfen. Der Autor sieht sich nämlich mit einem Teil des Alltags konfrontiert eben mit einer ganz anderen nicht gerade idyllischen Seite. Die Künste- auch Wortkünste – schlagen um in ein Bewusstsein, das sich dem Signalwort 'Die Platte' nicht verschließen kann (S.77) :
„Mürbemenschen
auf kalten Platten
ohne Festplatte Aussicht...“
Im Fadenkreuz der Idylle kommen 'Mürbemenschen' nicht vor.
Der Leser wird unzählige Kontraste in den Assoziationen bemerken. Das eine schlägt immer wieder um ins Gegenteil.


Wir wollen abschließend die Vorderseite des Einbandes näher betrachten. Sie enthält einen deutlichen Bezug zum Inhalt. Auf den ersten Blick zeigt sich ein Stiück handgeprlasterter Straße in grauen Abschattungen. Vertikal führt ein roter Strich über dieses Pflaster und deutet auf einen roten Faden. In dem Bewusstsein, dass das Leben auf der Platte eine handfeste Realität darstellt, wogegen die Sprache der Lyrik eher im Bild des Fadens gesehen wird, können wir das Buch aufschlagen.
Die unterschiedliche Oberfläche der Steine weist auf die vorherrschende Mannigfaltigkeit der Themen und Formen hin. Es sind auch immerwieder krasse Gegensätze, die aufgereiht werden. So zeigen die Strophen auf der Rückseite des Einbandes den Gegensatz: unmäßige Grausamkeit und Banalität des Alltags.




Eine Feier des Lebens im Eros
Norbert Sternmut: Absolut, Du. Gedichte

Bereits ein Jahr nach "PhotoFinish" (1997) veröffentlichte Norbert Sternmut einen weiteren Gedichtband in der Edition Thaleia. Es ist eine deutliche sprachliche Weiterentwicklung hin zu einem eigenständigen Vokabular festzustellen. Zugleich sind deutliche Anklänge an Celans Dichtung und den späten Trakl zu finden, die sich in düsteren Bildern und Todesmetaphern bemerkbar machen. Insgesamt aber bildet "Absolut, Du" eine Feier des Lebens, herbeigeführt durch eine erotische Erfahrung und Übersteigerung des Leibes, besonders in der Liebesvereinigung.

Der Autor
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Norbert Sternmut (= Norbert Schmid), geboren 1958, lebt in Asperg bei Stuttgart und arbeitet als Pädagoge. Er hat seit 1980 zahlreiche Lyrikbände, Dramen und Kurzprosa veröffentlicht. Mehr Infos gibt's auf seiner Website www.sternmut.de.

Mein Eindruck
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Die Wort- bzw. Bilderwahl und der Gedichtaufbau erinnern häufig an Paul Celan und den späten Georg Trakl. Als würde der Tod, den Celan und Trakl erfuhren und beschreiben, eine Art Geisterlicht auf alles Lebendige und Leibliche werfen, stellt Sternmut in seinen Bilder in auffallender Häufigkeit leibliche Elemente in den Mittelpunkt, vermag diese aber auch zu transzendieren. Der Körper ist ein Mittel, buchstäblich ein Instrument zum Zwecke der Selbstüberhöhung im Reich des Empfindens, des Geistes, der Seele und darüber hinaus.

Das Licht des Tages ist die Gegenwart, und sie wird als Sonnen-geflecht, -muster, -gespinst und -teppich beschrieben. In diesem Gewebe findet sich der Körper wieder, gewärmt und fühlend. Im Zentrum des Körpers schlägt das Herz, das zugleich ein Instrument der Empfindung ist. Der "Blutsturz der Tage" ist ein enger Zusammenhang zwischen zwischen diesen beiden Polen.

Dieser Blutsturz wiederum kann durch verschiedene Ereignisse ausgelöst oder wahrnehmbar gemacht werden. Dies kann beispielsweise ganz konkret auf dem Bett der jungfräulichen Braut geschehen. Die blut-rote ROSE ist lediglich ein Angramm von EROS und somit Erotik - eine leicht morbide Verknüpfung, die der Fin-de-siècle-Lyrik des frühen Trakl besser ansteht als einem Jünger Celans.

Die "Herzmuschel" findet sich im "Sommer der Begierde" unter der erwähnten Sonne der "Sphärenmusik" und dem "Planetentaumel" ausgesetzt, so sehr, dass sich der Leib als Instrument der Begierde und der leiblichen Kommunion mit der Geliebten wahrnimmt. In "Instrumental", einem längeren Stück, wird der Liebesakt Musik, der Leib zum "Klang-körper" -- und nicht nur wegen des Rhythmus. Ein Gedicht heißt nicht umsonst "Frühlingsgefühle".

Gegenbilder des Negativen gibt es genügend: Die "Türme der Trauer" stehen im "Seelenfeld" und dem "steinweißen" "Seelengranit", gesehen durch "Maskengitter". Auch lässt sich der Eros in seinen modernen Varianten auf einfache eise durch den Kakao ziehen: In "Fetisch" führt Sternmut Permutationen mit den Begriffen Lack, Leder, Mutter, Jagd und Sankt Hubertus (Schutzpatron der Jäger) durch und gelangt auf diese Weise zu lustigen bis witzigen Ergebnissen. Permutationstechnik findet sich auch auf das Wort "Fall bzw. fallen" angewandt, allerdings mit weit weniger reizvollen Resultaten. Die Technik ist zu durchsichtig, die Ergebnisse vorhersehbar, daher unter Wert erreicht.

Wie Celan mit der "Todesfuge" kann auch Sternmut mit "Echo" ein langes Werk vorweisen: Es erstreckt sich über rund 17 Seiten. Hier raunt es gar mächtig: Wörter wie "heilig", "ewig" und "geheim" werden keineswegs persifliert oder ironisch gebraucht, sondern als hehre erstrebenswerte Ziele an die Wand der Imagination geworfen. Hier probt Sternmut den hohen Ton Hölderlins, reduziert auf die Vokabeln Celans. Aber wohl ist dem heutigen Leser dabei nicht zumute. Zu oft wurde diese Vokabeln in braunen Zeiten missbraucht.

Unterm Strich
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"Absolut, Du" ist eine Durchgangsstation im Werke Sternmut, so wie es im Grunde jeder Gedichtband ist. Doch dem Leser bieten sich hier in unscheinbarer Aufmachung - beiger Einband mit schwarz-monochromer Illustration und dunkelblauer Schrift - einige kleine Juwelen von sinnlicher, zuweilen erotischer Dichtung. Diese Edelsteine findet man am Anfang des Bandes häufiger.

Dass Sternmut meines Wissens später einen solchen Ton wie in "Echo" vermieden hat, ist ebenfalls positiv. Mehr der Gegenwart und ihrem zynischen Urteil zugewandt sind Gedichte wie "Fetisch", in denen sich erotische "Abweichler" in sonderbaren Gefilden wie der Jagd wiederfinden. Das zeugt vom Humor und dem kritischen Bewusstsein des Zeitgenossen Sternmut. Angesichts von pathetischen Elogen wie "Echo" würde man sich mehr davon wünschen.

Michael Matzer (c) 2003ff

Info: Edition Thaleia, 1998, St. Ingbert; 127 Seiten, ISBN 3-924944-42-3

Pro:
sinnlich, humorvoll, sprachlich und formal einfallsreich
Kontra:
Celan und Trakl verpflichtet, "Echo"




Norbert Sternmut: Marlies
Sie scheint nicht von dieser Welt zu sein. Sie ist kaltblütig, unberechenbar, schizophren aber vor allen Dingen sexuell. Marlies ist die Obsession und die Leidenschaft, die Schriftsteller Norman nicht nur um den Verstand, sondern auch hinter Gitter bringt. Gefangen hinter schwedischen Gardinen und in der Gewalt der Marlies sieht Norman sein beschauliches Eheleben mit Regina und den Kindern an sich vorüber ziehen. Marlies ist eine Sucht – wie damals, in Normans Roman „Der Tote im Park“ gelingt es Norman nicht, sich aus den Klauen der Marlies zu lösen. Norman steht zwischen zwei unvereinbaren Fronten: Auf der einen Seite steht Ehefrau Regina, die sich um ihn und die Kinder kümmert, die stets treu sein wird, die ihn bekocht und umsorgt, Regina steht für Geborgenheit im beschützten Heim. Auf der anderen Seite steht die unbeständige Marlies, die vögelt wie eine wilde Sexgöttin, die für ihre Fleischeslust morden würde und die körperlich ebenso abhängig von Norman ist, wie er von ihr. Normans Versuch, beide Frauen in seinem Leben zu halten ist so mörderisch, dass am Ende nur Blut fließen kann, vergossen aus Motiven wie Neid, Eifersucht, Begierde und Egoismus. Männer schließt Fenster und Türen, wenn Marlies klingelt. Marlies wird Euch wie die schwarze Witwe vögeln. Besinnungslos im Taumel der Lust werdet Ihr die Gefahr unterschätzen, die von dieser Frau ausgeht.
Sternmuts „Marlies“ ist ein Roman über die Schizophrenie des Daseins. Ein Buch über Wunschträume, Erfüllung und deren Konsequenzen. Leid, Qual, Leidenschaft und die Unwirklichkeit der Realität pur.
Wiesenburg, 320 S., 18.80 EUR. Maria Mersch




Ist 'Marlies' ein Kriminalroman?
von Marlies Eifert 2004

Ist 'Marlies' ein Kriminalroman? Ja, wenn man danach geht, was alles in einen solchen hinein gehört. Bestimmte Standardgrößen, Topoi sozusagen. Oder Ladenhüter aus der Klamottenkiste des Kriminalromans. Ein Inspektor beispielsweise, der ein geordnetes Familienleben führt, zwei Kinder hat und der seine 'Arbeit' tut. Eine Arbeit, bei der er mit allem rechnen muß. Da gibt es natürlich unaufgeklärte Morde und Verdächtigungen. Und nicht zuletzt die Spannung! Ja, auch Spannung. Dazu Motiv- Spurensuche...Sex and crime...

Wenn man allerdings die Handlung erzählen würde - man könnte es durchaus tun, ohne viel zu verraten -, hätte man kaum einen Zipfel der Wirlichkeit des Romans erfasst. Von der Wahrheit sowieso ganz zu schweigen. Wahrheit, das bedeutet für den Kommissar die Antwort auf die Frage: Wer war der Täter? Er orientiert sich an normativen Vorstellungen in Bezug auf seinen Beruf und hinterfragt die Normen nicht. Auch die Frau des Schriftstellers ist in der Normenwelt der Wirklichkeit befangen: der Wirklichkeit als Hausfrau und Mutter.

Fast scheint es, als seien die Figuren Marionetten mit festgelegten Handlungsmustern. Solche festen Vorgaben in bezug auf Handlungsmuster fehlen für den Schriftsteller, der die Fäden in der Hand hält. Er erfindet die Figuren, kann sie nach Gutdünken verschwinden lassen, aber er hängt seinerseits am Faden oder 'in den Fängen' seiner Geliebten Marlies.

Marlies ihrerseits weist es weit von sich, Marionette zu sein. Sie setzt alles daran, sich nach eigenem Willen eine Welt zu schaffen. Eine Welt als Wille und Vorstellung, lebt nach eigenen Regeln, die, vorsichtig ausgedrückt, nicht immer sozialverträglich sind.

Manchmal allerdings taucht der 'Dichter' hinab in den Wirklichkeitsbereich der Ehefrau. Und er muss immer wieder feststellen, dass dies nicht seine Wirklichkeit ist. Der existentielle Konflikt zwischen der Welt seiner Frau und der der Geliebten Marlies ist vorprogrammiert.

Was liegt hinter der Wirklichkeit von Marionettenwesen, die sich klischeehaft mit festgelegten Handlungsmustern in der Welt bewegen? Eine Wahrheit, so ließe sich vielleicht sagen, die lediglich mit einem Feuerwerk aus Absurditäten umschrieben werden kann.



Norbert Sternmut Norman / Norm@n
Wiesenburg Hardcover 379 Seiten
ISBN 9783939518945
1.Auflage 2008

Norman, erfolgreicher Autor, nicht mehr ganz jung- wird geliebt und begehrt, u.a. von Ellen, von Marlies und vor allem von Regina, seiner Frau.
Die Art, wie er mit diesen Frauen umgeht, wie er ihre Liebe, ihr sexuelles Begehren für sich erfährt, wird in hohem Grad von den sexfeindlichen Vorstellungen seiner Mutter geprägt.

Die Handlung: Während Regina einer Tagung wegen sich für kurze Zeit von zu Hause entfernt, wird er sich mit Ellen, einer Bekanntschaft aus dem 'Netz', in deren Wohnung treffen.
Eine fast alltägliche Geschichte?

Nicht, wenn man im Kommentarteil zu den eingegangenen Mails, die viel von Liebe, Sex und Sehnsucht erzählen, erfährt, dass Norman nicht nur ein Liebesabenteuer sucht, sondern die Absicht hat, die Geliebte zu ermorden.

Besteht die Absicht wirklich, oder ist sie ein Planspiel seiner Fantasie?
Realität oder Fiktion? Regina, die Ehefrau, die von der Gefährdung ihres Mannes weiß, hält alles in den Romanen ihres Mannes Beschriebene für Fiktion.
Anders der mit Normans Fall befasste Inspektor.
Seine These: Die Morde- beschrieben in den vorausgegangenen Bänden - wurden wirklich begangen. Aus Mangel an Fantasie brauchte der Autor seiner Meinung nach die Erfahrung. Nur so konnte weitestgehende Authentizität erreicht werden.
Auch im dritten Band der Trilogie bleibt vorläufig alles im Ungewissen.

Der Roman lebt nicht von vordergründiger Spannung.
Die Spannung liegt vielmehr in der Frage: Welche Seite in Norman wird sich durchsetzen - die pathologische oder die gesunde, 'normale'?
Anzumerken ist allerdings: Auch die Vorstellung Reginas von einem 'gesunden' Norman hinterlässt beim Leser einen faden Beigeschmack.
Was soll man von einer flachen, hauptsächlich an gesundheitlichen Vorschriften orientierten Normalität halten?

Sei dem, wie ihm wolle: Auf jeden Fall ist es dem Autor gelungen, eine differenzierte Innenschau einer gespaltenen Persönlichkeit vorzustellen - mit ausgesprochener sprachlicher Virtuosität!



Der Tote im Park
1999, Wiesenburg-Verlag


Lange haben wir auf einen Roman des Lyrikers, Dramatikers und Prosaisten Norbert Sternmut warten müssen. Um so erfreulicher, daß sich nun der kleine Wiesenburg Verlag aus Schweinfurt eines Werkes Sternmuts angenommen hat: des Romans „Der Tote im Park“. Und das Warten hat sich gelohnt, denn - so viel sei a priori verraten - was Norbert Sternmut auf 240 Buchseiten bietet, entspricht zweifelsohne seinem Ruf, den er sich in den vergangenen Jahren als Dichter bereits erworben hat.

Der Roman beginnt als Kriminalgeschichte. Ein erfolgloser Schriftsteller, der gerade an einer Kriminalgeschichte arbeitet, die von einem Toten im Park handelt, findet im städtischen Park die ermordete Leiche des Geliebten seiner eigenen Lebensgefährtin. Dies macht den mit dem Fall beschäftigten Polizeiinspektor natürlich mißtrauisch, doch gelingt es ihm nicht, dem Schriftsteller den Mord nachzuweisen. Dann tritt die Ehefrau des Ermordeten, Lektorin in einem großen Verlag, auf den Plan. Sie beschuldigt den Schriftsteller des Mordes an ihrem Mann, was sie aber nicht daran hindert, eine Liebesbeziehung mit ihm zu beginnen. Als schließlich auch sie ermordet im Park aufgefunden wird, gewinnt der Fall eine völlig neue Dimension, wird doch die Ermittlung selbst ad absurdum geführt, indem sich erneut nicht nur Frage nach der Identität des Täters sowie nach der des Toten im Park stellt, sondern auch die Ungewißheit entsteht, ob es überhaupt einen Mord gegeben hat.

Schon nach den ersten Seiten des fesselnd geschriebenen Romans wird klar, daß Sternmut sich nicht mit einer Kriminalgeschichte begnügt, sei diese auch noch so verwickelt. Vielmehr entwirft der Autor (in der Person des Schriftstellers) vor den staunenden Augen des Lesers (d.h. des rationalistisch denkenden Inspektors) die zunehmend irrealer werdende Anatomie eines Verbrechens, welches immer mehr seinen Bezug auf den konkreten Fall verliert und eine Universalität von geradezu beängstigendem Ausmaß annimmt. Diese Universalität birgt für jeden Autoren die Gefahr in sich, das feingesponnene Netzt seiner Handlung zu einem undurchschaubaren Knäuel zu verwirren. Sternmut hingegen gelingt es, diese Klippe geschickt zu umschiffen, indem er die Literatur selbst zum roten Faden erwählt, der seinen Roman zusammenhält. Der Schriftsteller als zentrale (und erzählende) Hauptfigur, in die (natürlich) auch eine autobiographische Tendenz einfließt, eruiert auf unmißverständliche Weise, daß es ihm in Wirklichkeit weniger um Mord bzw. um Mordmotive geht, sondern um den Zustand der Literatur und des skrupellosen Geschäftes mit der Literatur. Und nach dem (mehr oder weniger) überraschenden Schluß des Romans denkt man unweigerlich an Guilleaume Apollinaires Le Poete assassine:„Ins Wasser mit dem Dichter! Ins Feuer, Croniamantal...Vor die Hunde den Liebhaber des Lorbeers!“ 
„Der Tote im Park“ ist in mehrfacher Hinsicht ein in eine Kriminalstory gefaßter Roman über die Literatur an sich - ein Luxus, den sich freilich nur ein Dichter vom Format eines Norbert Sternmut leisten kann!
Besprechung von Ralf Harner, St. Ingbert



Der Tote im Park
1999, Wiesenburg-Verlag


"Der Tote im Park" von Norbert Sternmut ist ein Roman, der im Krimi-Genre angesiedelt scheint, aber die herkömmliche naive Form des Erzählens bald verläßt. In einem Park wurde ein Toter gefunden. Der Erzähler schildert, in quasi innerem Dialog mit einem Inspektor, wie er die Leiche gefunden habe. Später liest er diesem Inspektor aus seinem Roman vor. Die beiden Ebenen vermischen sich im Laufe der Erzählung. Was ist wirklich geschehen und was ist erzählt? Ist vielleicht die Freundin des Erzählers die Mörderin, die später auch noch die Frau des Ermordeten umbringt, aus Eifersucht?! Sternmut reflektiert das Medium Krimi und spielt mit seinen Möglichkeiten. Er will keine naiven Story und erweitert die Handlung um philosophische, bisweilen ausufernde Betrachtungen und Reflexionen. Ausschweifend auch was die Sexualität und ins Psychopathische gehende Vorstellungen anbelangt. "Los, beschimpfen Sie mich, rammen Sie mir ein Messer ins Fleisch". Mehrmals unterstreiche ich mir Sätze, die wie Inseln aus dem Wörter-Ozean ragen. "Wie ich zurückgehe in meine Gedankentümpel, vielleicht doch langsam dem Wahnsinn verfalle..." Immer wieder dieses Hin und Her zwischen Handlung, realem Geschehen und hochgestochener fiktiver Ebene, in der es um das Schreiben selber geht. Keine Trivial-Literatur. Sternmut experimentiert mit den Worten, mit sich selber. An einer Stelle meine ich, daß er es sich zu einfach macht. "Machen wir doch einfach hier eine Leerzeile. Weshalb nicht?" steht auf S. 204. Dann kommt tatsächlich eine Leerzeile und danach lese ich "Hier ist die Leerzeile zu Ende. Bringen wir doch einfach / diesen ganzen Zusammenhang auf eine neue Zeile." danach wird wieder eine Zeile freigelassen und danach der Satz "Hier ist die neue Zeile". Dies finde ich sehr platt und das insgesamt raffinierte Niveau der Erzählung unterlaufend. Klar: Der intelligentere Leser ist sich bewußt, daß er ein Buch vor Augen hat mit Buchstaben, Wörtern, Sätzen, die sich zu einer fiktiven Realität zusammenfügen. Aber muß ständig darauf hingewiesen werden? Das Ende ist stark: Sehr sinnlich. Die Geliebte kommt, um den Erzähler zu töten. Sie nimmt das Messer. Ich stehe bewegungslos im Raum. Sie sticht zu. Ich empfinde einen kurzen Schmerz, fühle mein warmes Blut, dann falle ich. Sie sticht zu. Mehr kann ich nicht mehr sagen. Dann verliere ich das Bewußtsein. Es bleibt ein Gefühl der Irritation bei mir, aber auch Neugier auf weitere Werke, denn der Autor ist ein Handwerker, der seine Mittel hinterfragt und nach höchster Qualität strebt. Bei allem Spielerischen wirkt er nicht überheblich.



Der Tote im Park
"Wissen sie," erklärt Sternmuts zentrale Figur, ein erfolgloser Schriftsteller, zu Beginn des Romans, "ich versuche gerade eine Geschichte zu schreiben, eine Art Kriminalstory, die aber die philosophischen Aspekte des Lebens behandeln soll." Der Leser richtet sich so auf ein interessantes, vielschichtiges Geschehen ein. Spannung mit philosophischem Hintergrund, die bürgerliche Lesefassade scheint wieder von Rissen verschont zu bleiben. Spätestens seit Dürrenmatt darf sich ja auch der intellektuelle Leser den Niederungen des Kriminalromans nähern. Und tatsächlich erweist sich das Geschehen als vielschichtig. Der Geliebte der Freundin des arbeitslosen Schriftstellers wird in einem Park ermordet. Für den erfolglosen Schriftsteller Anlaß oder Motiv, eine Gefühlslandschaft eines komplizierten Beziehungsgeflechts in einem Roman auszubreiten. Die immer neuen Kapitel dieses Romans, von dem er sich seinen Durchbruch verspricht, liest er dem Kriminalinspektor vor. Schließlich ein zweiter Mord, die Ehefrau des Ermordeten, die kurz zuvor noch ein leidenschaftliches Verhältnis mit dem Schriftsteller eingegangen ist.

Anfängliche Hinweise des Schriftstellers scheinen sich uns zu verdeutlichen. Der Roman entwickelt sich zu einem "absurden Theater zwischen Versuch und Irrtum", wird "eine politische Geschichte über den Aufstieg eines Menschen, der zuletzt noch seine Menschlichkeit eingebüßt hat? Zeigt das nicht eine Epoche, die innere Befindlichkeit einer ganzen politischen Kultur, die zentrale Aussteuerung aller moralischen Bedenken?". Der Schriftsteller, so die rasche Leseerfahrung versucht die Fiktion in die Wirklichkeit umzusetzen, so die Abgründe des menschlichen Daseins für sich fiktional erfahrbar werden zu lassen. Die anfängliche Aufgabenteilung - "Ich bin der Schriftsteller, sie der Inspektor. Ich bin für die Dichtung zuständig, sie für die Wahrheit" - bekommt gefährliche Risse. Wenn die Grenze zwischen Fiktion und Realität in der erzählten Geschichte sich auflöst, dann aber ist unter Umständen auch der Leser nichts anderes als gekonnte Konstruktion, der Leser ein Konstrukt fiktionaler Werte und Gefühle, in deren Fängen er sich durch den Schriftsteller verwickeln läßt, Gefühle und Werte, die zudem nicht länger das Ergebnis moralphilosophischer Diskussionen sind. "Gut ist was Einschaltquoten erreicht. Die Zeit der Ethik ist vorbei, der moralischen Philosophie." Die Fiktion des Romans löst sich im individuell - gesellschaftlichem Scheitern, in der fiktionalen Desillusionierung auf.

Schon langt Sternmut bei den Positionen eines Peter Handkes an, den er sogar als Handlungsintention in den Kriminalroman einbringt. Die systematische Zerstörung unserer Klischeevorstellungen der Wahrnehmung von Realität angesichts eines zunehmenden ebens und Erlebens in der Fiktion inszenierter Fernsehwirklichkeiten gelingt Sternmut mit geradezu atemberaubender Inszenierungskraft und Sprachgewandtheit. Und so, wie der Autor seine Figuren - etwa den Inspektor - aus einer fiktiven Welt verschwinden läßt, damit auch zugleich den Versuch einer Aufklärung der Wirklichkeit aufgibt, so werden auch wir Leser desillusioniert. Unsere Gefühle werden uns als Spielelemente von Handlungen vor Augen geführt, wir sind als Leser nichts weiter als Teilelement einer inszenierten Kriminalstoryyy. Und die Zerstörung der Illusion, sei es durch Handkes Publikumsbeschimpfung oder Sternmuts kriminalistische Illusionszerstörung führt zur Hoffnung. "Wir wollen keine Marionetten, keine Figuren einer angelegten Geschichte sein, wollen heraustreten aus unserem Dunkel, wollen selbst bestimmen, wollen nicht nur unserem eigenen Verschwinden folgen." Am Ende des Romans tötet die Fiktion den Autoren. Vorher bleibt dem Schriftsteller nur noch die resignierende Feststellung: "Ich beschreibe noch die Vergewaltigung der Seele, wie sie in den Himmel blutet, aber möglichst in kurzen Sätzen."

Nobert Sternmut, einer der wenigen Vertreter einer Literaturgeneration, die noch bereit ist über die Rolle der Literatur auch literarisch zu reflektieren.

 

B. Dhünn






Mit dem Flug-Schreiber in den Seelen-Wind

Norbert Sternmut: Triebwerk. Gedichte
Mit "Triebwerk" legt der Stuttgarter Schriftsteller Norbert Sternmut einen weiteren Gedichtband vor, der in der Edition Thaleia erscheint. Immer noch grundlegend an seinen Vorbildern Paul Celan und vielleicht auch Georg Trakl orientiert, hat sich Sternmut dennoch weiterentwickelt, vergleicht man "Triebwerk" mit den Gedichtbänden "PhotoFinish" und "Absolut, Du".
Der Autor
Norbert Sternmut (= Norbert Schmid), geboren 1958 in Stuttgart, lebt in Asperg bei Stuttgart und arbeitet als Diplom-Sozialpädagoge in den Bereichen Erwachsenenbildung, Altenarbeit, Jugendarbeit. Er veröffentlichte seit 1980 zahlreiche Lyrikbände, Romane, Dramen und Kurzprosa in über 60 Anthologien und 17 Einzelwerken. Der Schriftsteller ist Mitglied im Schriftstellerverband VS und erhielt Stipendien des Landes Baden-Württemberg und der Stadt Gerlingen. Mehr Infos gibt's auf seiner Website www.sternmut.de.
Inhalt
In den ersten Gedichten ruft der Dichter, wie es seit 2800 Jahren Sitte ist, die Muse an, die Erinnerung, und stellt sich seine Aufgabe: Flugschreiber des Lebens. Es ist viel von Asche die Rede, die verweht, Flugasche. Sie hängt in den grauen Haaren alter Frauen, sie weht aus dem Krematorium, ein Sturm von Asche erbricht sich aus den sinkenden Türmen des World Trade Centers: unser "Grund Null im Schatten der Türme". Schließlich aber scheint doch die Aschensonne am Horizont. Und "süßer Trauer voll ist das Schilf im Wind".

Doch was vergeht, ist auch Neuanfang und hinterlässt Wurzeln. Zunächst in der Erinnerung der Menschen, die den Kremierten geliebt und erlebt haben. "Es bleibt uns dein Name als unser Name, bleibt uns dein Weg als unser Weg. // Du trägst die Erde in uns, wirst uns nicht vergessen." Dem kalten (Grab-) Stein werden Äpfel, Blüten, alles Wachsende entgegengesetzt: Herzkirschen. Und auch die Sprache wird gefordert, eine andere, wahrere zu sein: "Die Sprache der Jugend, Ordnung, Wissenschaft, was uns verging / Die Sprache des Herzens."

Diese Sprache lässt sich, so wohl die Hoffnung, durch Dekonstruktion herbeiführen, wenigstens teilweise. Die "Lichtnessel" ist die Sonne, die uns verbrennt, die "Lichtwende" kommt, wenn das Licht erlöscht, die "Netzhaut" (des Auges) verlässt uns, wenn wir sie (die Haut als Netz, indem wir gefangen sind), verlässt. Der "Feuerzeuge" ist der Zeuge eines Feuers, doch wessen Feuers? Dieser Zeuge ist eng verwandt mit dem Flug-Schreiber. "Rosenrost" ist zwar die Farbe einer Liebe, doch einer Liebe, die Rost ansetzt, weil in Hirn und Adern schon der Kalk zu rieseln beginnt (das "Kalkwerk").
"Am Abglanz... haben wir das Leben", sprach Goethe einst ("Faust Zweiter Teil"?). Eine Instanz dieses Abglanzes sind Farben und Spiegelungen. Die Farbe Blau spielt eine bedeutende Rolle. Sie überraschte den katalanischen Maler Joan Miró, sie inspiriert den Maler im Dichter – in Auge, Ozean, Himmel und Seidenlaubenvogel, Lapislazuli: die Farbe des Schöpferischen.

Heiliger Sankt Sisyphos, Schutzherr der Pflüger wie der Liebenden, derjenigen, die "voll zorniger Sehnsucht" sind und auf Veränderung, Erneuerung setzen, also auf die andere Seite Medaille: Eros nämlich. Vom "Wurm-fort-satz" gelangt man zum "langen Bein der Begierde", dem Phallus, und von da zum Vor-satz für eine Nacht. Diese realisiert den Eros in einem, nun ja, eben erotischen Ritt, "von fern Ufern über blühende Landschaften an die Atemgrenze", über die Klippe in IHR Perlenreich, zwischen die Schamgrenzen und die Dunkelkammern, bis er "hell verblutet", mit offenem Seelenfenster.
Doch Fensterseelen, wenn geschlossen, spiegeln den Blick des Betrachters, können vorspiegeln und täuschen. Eine Entspiegelung ist nötig, um Wahrheit und Wirklichkeit zu erreichen. Von sonnenroten Himmel geht es in die Sternennacht, wo man unter Sirius und Aquarius bei der Liebsten, dem Erdengel, liegt und Erlösung findet. Die Entspiegelung ist auch Entgrenzung aus der "Todesmühle", und so ist der gemeinsame Abschied, nach einem Schluck aus dem "Wanderpokal" des Lebens, auch der Beginn einer neuen Reise. Mit Zielpunkt Sirius startet er das Triebwerk, das ihn in einen hellen Tunnel auf dem Seelenwind ins Fraglose trägt: vom Triebwerk zum Feuerwerk.

Mein Eindruck
Mit diesem umfangreichen Gegenstück zur "Todesfuge" seines Lehrmeisters Paul Celan beendet Sternmut seinen Gedichtband. Darin gleicht "Triebwerk" den Vorgängern "Photofinish" (1997) und "Absolut, Du" (1998). Es erinnert an jene hymnischen Oden Klopstocks, in denen das lyrische Ich sich transzendiert und aufschwingt ins Metaphysische. Wieder einmal rettet sich das in der Todesmühle leidende Ich durch die transzendierende Erfahrung des Eros in ein erträgliches Hier und erhofft sich ein Aufgehen im gemeinschaftlichen Seelenwind anderer Gestorbener, die alle ins große Fraglose streben. Die Aufgabe des Dichters ist die des "Flug-schreibers" im Flug durch den Seelenwind.

Dekonstruktion
Doch zwischen Jammertal und unio mystica werden diesmal auch andere Noten angeschlagen, und dies mit neuen Instrumenten. Die Dekonstruktion war immer ein Stermut'sches Sprachverfahren. Häufig erbringt es erhellende Ergebnisse durch die Permutation der Möglichkeiten, z.B. im Wort "Wurm-fort-satz" oder in "Feuer-Zeuge". Zu den Wurzeln der Sprache vorstoßen und ihre Bausteine ebenso enthüllen wie die Absichten ihrer Konstrukteure, das ist eine weitere Aufgabe des Flug-Schreibers. Ach ja, und bitte keinen Nachrichtensand mehr, den man uns ins Auge streut, um uns über die Wirklichkeit hinwegzutäuschen. Diese Dekonstruktion kann durchaus auch Spaß machen, quasi in einem Capriccio wie "Endung eines Vorsatzes" (S. 30).

Die Leerstelle
Die Dekonstruktion ist eng verwandt mit der wagenden Erkundung der Grenzen des sprachlich Sagbaren. Dort, wo sich Sprache auf der Ebene der Syntax auflöst, ist nun ein erstmals ein neues Instrument zu sehen, das der Autor einsetzt: die Ellipse, die Leerstelle. Nichts wirklich Neues im Reich der Lyrik, denn wie sonst könnte eine Metapher funktionieren, wenn nicht der Leser die fehlende Verbindung zweier disparater Elemente herstellen würde? Das "Löwenherz" ist keineswegs das Herz eines Löwen, sondern die Qualität eines Menschen, der ein Herz hat, mit dessen Stärke er so tapfer wie ein Löwe kämpfen kann.

Jeder Leser von Lyrik muss also entschlüsseln und Leerstellen füllen. Und nur diese anregende Tätigkeit macht Lyrik so befriedigend, denn bekäme man alles realistisch vor die Nase gesetzt, wozu sollte man sich auf sprachliche Wagnisse einlassen? Dann könnte man ja gleich einen Groschenroman lesen, der sämtliche Erwartungen erfüllt, und das auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner.
Lyrik ist anders, und diesmal spielt die Ellipse, die berühmten drei Pünktchen (...), eine wesentliche Rolle. Dort nämlich, wo das Sagbare an seine Grenzen stößt und offen wird für alle möglichen Experimente und Spiel-Züge. Wo sich der Dichter nicht mehr hinwagt, wo sich die Syntax ihres vorgegebenen grammatischen Gerüsts entledigt, dort kann der Leser schöpferisch werden, sich einbringen. Er kann neue Ebenen der Bedeutung anlegen, neue Konstruktionen von Wörtern erzeugen, spielen. Und Spielen macht bekanntlich Spaß.
Ein neues Thema, scheint mir, sind Malerei und Farbe. Miro und die Farbe Blau – das passt sehr gut zum neuen Titelbild, das vom Autor selbst stammt. Dass er auch malt, steht nicht in seinem Lebenslauf, der auf der Umschlagrückseite abgedruckt ist. Um so lieber nimmt man die neue Fähigkeit zur Kenntnis. Sie passt zu den visuellen Metaphern, die häufig herangezogen werden, nicht nur in "Triebwerk", sondern auch in "PhotoFinish" und Absolut, Du".

Unterm Strich
Sternmut hat sich weiterentwickelt, wie dieser neue Gedichtband belegt. Zwar gelten die bekannten Verfahren (Dekonstruktion, Capriccio, Ode, Fuge usw.) und selbstverständlich die alten Vorbilder (Celan, Trakl) weiterhin, doch das ist nicht mehr der Weisheit letzter Schluss. Nun spielt die Leerstelle, die Ellipse eine unübersehbar wichtige Rolle. In vielen Texten ist sie jetzt zu finden und lässt dem Leser Freiraum, sich kreativ und spielerisch assoziierend einzubringen.
Mag man auch böse unterstellen, dass dem Dichter an solchen Stellen einfach die Wörter ausgegangen seien, nein, das ist keineswegs der Fall, wie der Schluss der Fuge "Entspiegelung" belegt. Zeilensprung, Kommasetzung, Klammern und Leerzeilen, das ist bekanntes Handwerkszeug, doch Neues kommt hinzu. Nun ist die Form offener und abwechslungsreicher, flexibler und durchlässiger für die Bausteine, die der Leser einbringen möchte.
Immer noch ist die Betrachtung der Welt geprägt von aktuellen Ereignissen wie dem 11. September 2001, von Fernsehsendungen und sekundärer Medienrealität. Die Kritik daran wird formuliert wie gehabt, und das funktioniert immer noch einwandfrei und zum Ergötzen des Lesers. Die Forderung nach einer Sprache der Wahrheit und des Herzens leitet sich direkt daraus ab. Und dieses Herz vergewissert sich seines Lebendigseins und seiner Legitimation durch die Interaktion mit dem liebenden und geliebten Du. Im Eros findet der Sisyphos Dichter zu sich selbst. An diesem Punkt trinkt es sich leichter aus dem Wanderpokal Leben, und ein Endpunkt des Daseins ist nicht mehr die Todesmühle, sondern der Seelenwind, die unio mystica.
Wer will, kann den Autor auf seiner Seelenreise begleiten, viele neue Beobachtungen sammeln, mit seinen Versen spielen und wird vielleicht sogar seinem eigenen Erdengel diesen schönen Gedichtband zum Mitspielen schenken.
Michael Matzer © 2005ff

Info: Edition Thaleia 2005, St. Ingbert; 102 Seiten, EU 12, ISBN 3-924944-69-5



Norbert Sternmut Triebwerk
ISBN 3924944695
Edition Thaleia St. Ingbert 2004


Lesenswert ist die Lyrik Norbert Sternmuts unter anderem wegen der ungewöhnlichen, unverbrauchten Sprachbilder. In den Worten des Autors: „Die Sprachmutter wird befruchtet.“
Um es mit Heidegger zu sagen: „Die Sprache spricht.“: „Dieser Stumpf...Sumpf....Strumpf“

Ich möchte eine erste Annäherung an den Gedichtband versuchen, indem ich den Bewegungen nachspüre. Mir scheint, dass die fallende Bewegung die am häufigsten vorkommende ist. Gemeint ist das Fallen, Stürzen mit dem Blickpunkt auf das Ende. In mehr als einem Gedicht dient der ‚Stein‘ als Metapher für den Lebensabschluss. Natürlich spielt das Fallen auch eine Rolle, wenn es um die Darstellung des Liebesaktes geht:

„Sehe ich dich, falle dir tief
in den Arm und bin da“

„Erklär mir, Liebe,
heiter und mit Musik...“

„Heiter und mit Musik“- Auch bei Ingeborg Bachmann(Hier bezogen auf ‚Reclame‘) gibt es die Spannweite zwischen oberflächlicher Lebensfreude, wie sie uns in Werbesprüchen entgegentritt, und dem Wissen darum, was hinter den Sprüchen stehen könnte.(Was aber geschieht, wenn Totenstille eintritt). Immer wieder stellt Norbert Sternmut dieses ‚Hinter den Sprüchen Stehende‘ in den Blickpunkt.

„Verscharrt mich hinter der Blutbuche,
die schon anderen wuchs.“

Auch die Farbsymbolik zeigt in eine ähnliche Richtung. Das heißt: Der Bezug auf ‚vanitas‘ im weitesten Sinn steht im Vordergrund. ‚Rot‘ wird zu Rosenrost, gerät in die Verbindung zu Blut(Schneeblut). Schwarz wird gesteigert zu Pulverschwarz.
Es fehlt, wie mir scheint, die Farbe Grün als Hoffnungsträger.

Anspielungen auf Hölderlin, Celan, Bachmann wirken auf mich wie Ankerpunkte.

Ich komme abschließend noch einmal auf die ‚Bewegungen‘ zurück.
Da gibt es neben dem Fallen doch auch die Aussicht auf das Steigen, Fliegen: „Steigen, im Seelenwind“. Oder: „Wir wollen fliegen, hinaus/ ins weite Land.“
Dazu wird das Triebwerk gezündet. Dieses Triebwerk, das das erste und letzte Gedicht der Sammlung verbindet, wird auch zum Titel der Sammlung und bekommt von daher seinen Stellenwert.

Man muß diese Lyrik in freien Rhythmen lesen, um hinein gezogen zu werden in diese Stimmungslage aus Verzweiflung, Wahnsinn und dem Mut zum Trotzdem: Stern- Mut.



Norbert Sternmut Seelenmaschine
Wiesenburg Hardcover 91 Seiten
ISBN 3939518344
1.Auflage 2006



In einem schwirrenden Gewirre von Assoziationen fällt der Name Becket. Dessen Nonsens-Poesie beleuchtet die ungereimte Lyrik von Norbert Sternmut. Die Ebene der experimentellen Lyrik ist der Grund, auf dem sich die Verse von Sternmut bewegen. Eindeutig benannte Gegenstände wie Brennstäbe im Wasser (S.23) müssen ihren Sinn abgeben, denn gleich daneben stehen Bezeichnungen wie 'Nahrungskette' und 'Narrenschelle'.

In einem mehr oder minder fließenden Rhythmus reiht sich so eine Benennung an die andere und verliert in dieser Benennungskette die Eindeutigkeit.

In der früheren Lyrik des Autors wurde nach vorne hin manches weniger bestimmt benannt als in diesem Lyrikband. Bei genauem Hinsehen widersteht der Autor aber dem Trend, der sich hier und dort in der neuen Prosa breit macht: nämlich genau zu sagen, was gemeint wird. Befasst sich die Lyrik dieses Bandes zunächst mit sinnlicher Lust und anderem Kompliziertem in menschlichen Beziehungen, so holt der Bogen später weit aus und kommt schließlich zum 'multiplen Machtmissbrauch'. In dieser Weise flattert die lyrische Reihung hin und her, streift die Wege von Nonsenslyrik auf der einen Seite und neuer Sachlichkeit auf der anderen.

Der Leser taucht hinein in diesen eigenartigen Fluß - immer wieder werden Wortkollagen eingestreut. Im Unterschied zu Klebebildern, die einen farblichen Gleichklang haben können, verbindet hier Lautmalerei die Wörter. Ein Beispiel: "...Fällt schon die Asche in die Ahnung (S.33)". Es nähert sich mir die Frage, ob ich nicht die französischen Symbolisten genauer kennen müsste, wenn ich etwas Treffendes zu den Versen Sternmuts sagen wollte. Man kann aber sowieso nur bedingt etwas Treffendes sagen, man kann sich eigentlich nur in ihren Kreis begeben.

Insbesondere ist das gelungene Layout des Covers hervorzuheben, das auf anderer Ebene Aussagen parallel zu den Versen anspricht.




Sternmut und funné
88 Rätsel zur Unendlichkeit


Semantische Forschungsreise in Text und Bild

Ein Grafiker und ein Schriftsteller haben sich zusammengetan, um ein so genanntes „Gesamtkunstwerk“ zu schaffen. Nun, im Zeitalter von Multimedia sehen „Gesamtkunstwerke“ wohl anders aus als eine Kombination von Grafik und Text, die weder bewegt noch mit Ton unterlegt wird. Umso reizvoller ist es zu sehen, welche Wirkung aus dieser Beschränkung erreicht werden kann.

Über die Künstler
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Norbert Sternmut (= Norbert Schmid), geboren 1958, lebt in Asperg bei Stuttgart und arbeitet als Sozialpädagoge. Er veröffentlichte seit 1980 zahlreiche Lyrikbände, Dramen und Kurzprosa. Mehr Infos gibt's auf seiner Website www.sternmut.de. Schriftsteller.

Volker Funke, gen. Funné, geboren 1964 in Heilbronn. 1987-93 Studium an verschiedenen Kunstakademien und Freien Kunstschulen Kunst und Freie Grafik, 1993-97 Studium an der Universität Stuttgart Kunstgeschichte und Philosophie. Seit 1993 freischaffend als Bildender Künstler und Dozent tätig. Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland. Lebt und arbeitet in Heilbronn.

Inhalte
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Im Anfang war die Grafik. So eine Grafik scheint auf den ersten Blick rein assoziativ zusammengestellt worden zu sein, um dem gestellten Thema gerecht zu werden. Vielfach sieht man grafische Motive mit Figuren aus dem 19. Jahrhundert. Es ist manchmal, als läse man den „Struwwelpeter“ oder eine technische Illustration. Diesen Eindruck hebt die Verarbeitung auf: Verfremdende Farben entrücken das Motiv dem Reich des Realismus. Hinzu kommen zwei Konstanten, die in jedem Bild auftauchen: das Buchstabenpaar „UE“ – für Unendlichkeit – und das Zeichen für „acht“ beziehungsweise „endlos“ oder „unendlich“. Am ehesten entsprechen die Motiv-Kombinationen noch dem Rebus-Rätsel.

Mal sehen, was sich der Dichter dabei gedacht hat. Denn die Gedichte dienen nicht allein der Beschreibung der Grafiken, sondern entwickeln vielmehr ein lyrisches Eigenleben, ohne jedoch die Verbindung zur Grafik und deren Thema aufzugeben. Somit entsteht ein Spannungsfeld von thematischen Assoziationen – zwischen Bild und Sprache, zwischen grafischer Aussage (oder Rätsel) und einer möglichen Interpretation durch einen lyrischen Text.

Die Themen und ihre Verarbeitung
Was soll denn nun an den Bildern und Texten so rätselhaft sein? Und müssen es gleich so viele sein - 88 Stück? Viele Titel verraten schon, um was es in den Texten gehen soll: um geheimnisumwobene Gestalten der Märchen, Mythen und Sagen: Ikarus, der Seher, der Prophet, die Nixe, das alte Weib (Hexe?) und den Fliegenpilz, die Nymphe und so weiter. Die entsprechenden semantischen Resonanzräume, die der Begriff öffnet, erkundet der lyrische Text auf seine jeweils eigene Weise.
Die nachzulesenden Ergebnisse sind manchmal originell und vor Ideen sprühend, manchmal abgedroschen und matt. Deutlich das Interesse des Dichters für seine Seelenverwandten zu spüren, allen voran Ikarus und „der Narr“. Diese Texte sind entweder voll Leidenschaft oder voll Wortwitz, rühren aber den Leser an. Andere Texte wie etwa „Fliegenparade“ sammeln lediglich Wissenstrümmer, wieder andere, wie „Die Dämonen“, quälen den Leser mit Schreckensvision, wie sie Paul Celan nicht evokativer hätte formulieren können. Hier ist zu spüren, dass Celan („Die Todesfuge“) mit zu den dichterischen und sprachlichen Vorbildern Sternmuts gehört.
Der Dichter sehnt sich nach dem Ausbrechen aus den Vorgaben der Welt, die er in der Mehrzahl seiner Texte erkundet. Das „Unbehagen an der Kultur“ wird überdeutlich an den Rückblicken auf Genesis und Propheten: Es gibt keinen Weg zurück zur Unschuld, und auch die Warnungen und Prophezeiungen änderten nichts am Lauf der Welt. Ausbrüche aus den Vorgaben sind Narren und Liebenden vorbehalten.
Die Narren dürfen ungestraft, weil maßlos und unzurechnungsfähig, kritisieren und mit ihrer Narrenkeule strafen („Sei doch ein Narr“). Den Liebenden ist die Tiefe des Eros geöffnet, der als „Jungbrunnen“ fungieren kann, sofern die Kommunikation „Lichtspruch“) klappt. Dabei schreckt das Begehren des Erotikers keineswegs vor Heiligenfiguren zurück, wie der Text „Madonna“ deutlich macht. Grenzüberschreitung ist das belebende Prinzip der Erotik und eine Voraussetzung für befreiende Liebe im Eros – Richtung Unendlichkeit, wie die Grafikzeichen verdeutlichen. Dass der Schelm Hand in Hand mit dem Erotiker geht, versteht sich von selbst. Die „Vorsehung“, der „Brillenmacher“ (Erkenntnisfähigkeit) – sie haben nach ihrem Scheitern ausgedient.

Mein Eindruck
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Ist das nun ein „Bilder-Buch“ – oder ein Gedicht-Band? Von beidem etwas, also sowohl als auch. Denn beide Komponenten ergänzen und verstärken einander. Obwohl zuerst das Bild kam und der Lyriker sich davon inspirieren (mitunter ‚begeistern’) ließ, lädt doch der Text das Bild in umgekehrter Richtung wieder semantisch auf. Natürlich tauchen assoziativ eingesetzte Motive wie etwa ein Frosch oder Käfer in merkwürdig unmotiviertem Kontext in manchen Texten auf. Nicht immer gelingt es dem Lyriker, alle grafischen Elemente unter einen Generalthema-Hut zu bringen. Und nicht immer kommt dabei Lyrik heraus. Der Text über Hildegard von Bingen („Die Kräuterfrau“) ist eher Prosa, wie sie aus einer Enzyklopädie stammen könnte.
88 Rätsel liefern einen Rundumblick über die Welt der Phänomene, doch es ist nur selten ein Blick ins die Gegenwart darunter. Gerade, dass mal ein Handy oder ein VW „Käfer“ vorkommt, doch viele mythisch resonante Begriffe stammen aus den Jahrhunderten vor dem schrecklichen zwanzigsten. Nur die Sprache und die skeptische Melancholie bewahren die Lyrik-Grafik-Verbindung vor dem Biedermeiertum. Das Lob des Eros und der Narrheit lassen die Perspektive, den Horizont des Erlebens aus den Schranken des 19. Jahrhunderts ausbrechen.
Ein hohes Ziel hatten sich die beiden Künstler gesetzt, formuliert in Pro- und Epilog-Texten. „Ernsthaft sein, aufwühlend, fragend, / Ergreifend, nicht langweilig, / Kalt oder mürbe“, so sollten die Bild-Text-Kombinationen wirken. Die wenigsten Texte sind langweilig, kalt oder mürbe. Doch Zweifel kommen auf hinsichtlich der Fähigkeit einiger Texte, den Leser zu ergreifen und gar aufzuwühlen. Vieles ist zu ernsthaft, wohl war, etliches auch Celanisch und zu melancholisch. Mit ein wenig mehr Mühe und Sorgfalt wären einige Texte, die bislang noch zerfasern oder ganz in Prosa abgleiten, zu fokussierten Sinn- und Sprachgebilden geworden, deren Wirkung sich der Leser nicht entziehen könnte. Die Offenheit der Form, die lyrischer Text und Grafik anbieten, gebot jedoch möglicherweise das Thema und sein Gestaltungsprinzip: Unendlichkeit, Endlosschleifen, Kombinatorik.


Unterm Strich
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„88 Rätsel“ ist eine interessante Erkundung der Möglichkeiten, die Grafik und Lyrik in Kombination bieten. Mag auch nicht alles gelungen erscheinen – schon gar nicht auf den ersten Blick -, so bieten sich dem interessierten Leser und Betrachter zahlreiche Facetten der semantischen Forschungsreisen, die hier unternommen wurden. Ziel war es offenbar nicht, Klassiker der Darstellung und Formulierung zu schaffen. Bestimmend ist vielmehr der offene, aber unendliche Experiment-Charakter des Kunstwerks. Wünschenswert wäre eine multimediale Realisierung, in der auch Ton und Musik zu ihrem Recht gelangen. Vielleicht könnte sich einer der Hörbuchverlage für ein solches Projekt erwärmen.

Michael Matzer © 2004ff
Info: ISBN 3-937101-35-7, Euro 38,00,
200 Seiten, Hardcover (Werreleinen) mit Schutzumschlag, Wiesenburg Verlag.



  • Rezension zu "SPRACHSCHATTEN“

Das für den Wissenschaftler Wittgenstein die Grenze der Sprache auch gleichzeitig die Grenze unserer Welt ist, darf den Lyriker Sternmut (Schmid) nicht ruhen lassen; der Sprach-Schatten, die Kluft zwischen Wort und Ding, muß ausgeleuchtet werden. Beteiligt sind Intuition und Intellekt gleichermaßen... Wir werden durch metaphorische, fast allegorische Konstellationen geführt, kaum etwas erschein vordergründig. Die Sprache nähert sich dem Hermetischen, wird bestenhaft bildhaft - und manchmal blitzt es mythisch-koboldhaft auf...Sternmuts (Schmids) lassen also eigentlich nicht Sprache und Wirklichkeit sich einander nähern, vielmehr zeigen sie uns, wie sehr unsere subjektive Bilderwelt von jeglicher Objektivierbarkeit entfernt ist... Norbert Sternmut (Schmid) "zog die Sprache in den Schatten", und gerade das macht die Lektüre dieses Buches so spannend und gewinnbringend! Zeitschrift: "Entwurfbote" - Goldbach

  • Rezension zu "VERFRÜHTES AUSLÖSEN DES ZEITRAFFERS"

Ein neuer Sternmut-Band. Endlich.
Sternmut sieht die Umgebung "im Fadenkreuz der Idylle", er fühlt sich verfolgt vom "Pupillengeschwader" in Fußgängerzonen. Der Autor zeichnet nüchterne Katastrophenartikel. Sein "verfrühtes Auslösen" erlaubt ein apokalyptisch gefärbtes Resümee - als Warnung, die vielleicht doch noch etwas zu bewegen vermag. Immer wieder das menschliche Leben zugeordnet dem großen Ganzen, eine Überschau ohne Verläßlichkeit. Versionen und Videos blitzen fragmentarisch, nirgendwo eine Einheit ("Die Einheit / Herz und Styropor / zählt nicht"). Was zählt: "Zeitdruck". Der Dichter sucht "schnell mögliche Worte". Alle Momente fliehen - immer nur heißt es: "es war, es war". Aber. das eigentlich Tragische: "innen / Allein vergeht die Zeit!" Üben wir uns mit Sternmut, als "Zeitraffer" auch im jargonmäßigen Sinn: indem wir schneller "raffen", was eigentlich (mit, ohne & gegen uns) gespielt wird.
Literaturzeitschrift: "Der lesende Affe"

  • Rezension zu "PHOTOFINISH"

Das Pseudonym Norbert Sternmut, unter dem der Autor Norbert Sternmut seit längerem veröffentlicht ist zugleich Kürzel für ein Existenzauffassung und ein künstlerisches Programm: "Ultraviolett, eine Kunst / von den Sternen / Außerhalb von Sichtweisen. Offen / für jede Erklärung./ Die Farbe des Mutes./ ...Was nicht gesehen wird, / es wirkt / Die ultraviolette Strahlung" (Ultraviolett). Und an anderer Stelle: "Wollen den Mut / Aus den Sternen, stehen / In den Schlangen, / Gräbern / noch immer in Schuhen." (Aquarius, Zwei). Sternmut erweist sich, wie schon in früheren Publikationen, auch in dem vorliegenden Band als lyrische Begabung von außergewöhnlichem Format Sein durchweg hohes Reflexionsniveau kombiniert er mit einer Fülle fantastischer Bildwelten und realisiert beides durch eine ebenso mühelose wie spielerische Vielfalt an Stilmittel. Erkenntnis- und sonstige Besitzständewerden in einer Art "view from nowhere", wie der amerikanische Philosoph Thomas Nagel einmal die entscheidende Fähigkeit moderner Selbstdistanzierung bezeichnet hat, als ebenso disparate wie beschränkte Weltpartikel präsentiert und damit zugleich auf ihre unauslotbare Faktizität zurückgeführt, die als restlose Verzeitigung mit all ihren Aporien nicht mehr begriffen, sondern nur noch erlitten werden kann: "Hier endet Aquarius, zwei / Photofinish / Es bleibt noch: das Ende / über das Ende hinaus." / Aquarius, Zwei). Ich kann dem Verfasser zu seiner phänomenalen Leistung nur gratulieren und ihm für die Zukunft wünschen, das auch sein bisheriges Werk endlich jene Würdigung verdient, die es m.e. zweifellos verdient.
Jürgen Hachmann KULIMU / Österreich

  • Rezension zu "DAS ZEITMESSER" - Kurzprosa"

Anspruchsvolles Lesevergnügen der besten Art" schreibt der Verlag in seinem Werbetext - und er hat recht. Raffinierte Sprachspiele und thematische Skurrilität vermischen sich zu einer Prosa, die wirklich vergnügt. Kompliment an den Verlag für diese Autorenentdeckung!
Zeitschrift "Skriptum" / Schweiz

  • K. H. Schreiber

"Sternmut jedenfalls hat erstmal seinen Platz in der nachdrückenden Literaturgeschichte. Er vereinigt kreative Dynamik mit dem nötigen Respekt vor der Sprache. Das kann eine Qualität zeitgenössischer junger Lyrik sein! Wann steigt das offiziöse Feuilleton endlich um auf Sternmut?"
“Kult“/ Zeitschrift

  • K. H. Schreiber

Das sind Prosatexte, die Geschichten erzählen, ohne vordergründig etwas vorzuführen. Dabei spielen sich diese Geschichten eigentlich mehr im Innern der Figuren ab.
Wir kannten Sternmut bisher mit seiner excellenten Lyrik. Nun also Prosa. Das macht neugierig. Die zentrale Botschaft scheint schon im ersten Text enthalten zu sein: „Lebe, solange Dein Messer das zuläßt.“ (...).
Es sind Grotesken der Alltäglichkeit, die allerdings überhöht zur raffinierten Thematik wird. Innere und äußere Wahrnehmung oszillieren. „Es fühlte sich ein Gefühl. Es füllt sich eine innere Landschaft mit den Erfahrungen des Blickes (...). Dann verwirft ein Auge seine Vorstellung, wie eine Sprache, die keiner versteht, die keiner spricht.“ Auch die Sprache von Sternmut ist nicht in allen Passagen Allgemeingut. Man muß quasi Teile von Sternmuts Vokabeln neu erlernen. In den Texten mengen sichReflexionen mit Charakterbildern, skurrile Situationen mit Überraschungseffekten. Der Einfachheit halber zitieren wir diesbezüglich den Autor: „Blatt an Blatt eindeutige Literatur mit hervorragender Verarbeitungjedes einzelnen Buchstabens.“ Und ein Kriterium für Literatur ist ja wohl ein unkonventioneller Sprach- und Ideenhaushalt. Das hat uns Sternmut in vitalen Ansätzen zu bieten. Sternmut lebt nicht nur mit dem Messer in der Hand - er hat auch einen Federkiel - und den schärft er zwischendurch mit dem Messer. Wir wünschen uns sowieso weiterhin Texte von diesem lebenskräftigen Melancholiker.
“Kult“/ Zeitschrift

 

  • Rezension zu "STERNMUT"

In seinem neuesten Band präsentiert Sternmut Gedichte, in welchen seine subjektive Innenwelt durch eine bildhafte Sprache ausgedrückt, d.h. nach außen geführt , aber- mangels Distanz nicht völlig objektiviert wird. Gerade deshalb bedarf diese Lyrik als nicht rein verstandesmäßig-zugängliche eines starken Einfühlungsvermögens der Leser....Sehr beeindruckend ist das biographisch-psychogrammatische Gedicht „Sonnenblumen“ mit Vincent van Gogh als lyrischem Ich. Strukturell sind die Gedichte teilweise insofern traditionell, als ein lyrisches Ich im Zentrum steht und ein Du anspricht. Andererseits sind sie insofern modern, als die Antonymien nur selten vermittelt werden. Modern sind sie auch auf der sprachlichen Ebene mit syntaktischen Verknappungen („Nachtvogel, deine Schwinge, / hart die Zweifel / Zwischen Stein und Herz“) und im gelegentlichen Spiel mit den sprachlichen Zeichen als reinen Signifikanten (z.B. in „Sprechblasen“) Fazit: Die Hohe Schule der zeitgenössischen deutschsprachigen Lyrik beschränkt sich nicht auf Namen wie Grünbein, Kling und Schrott. Auchein Sternmut verdiente die Anerkennung und die Bequemlichkeit eines happigen Preises und eines Großverlages.
Charles StünziSkriptum/Schweiz

  • K. H. Schreiber

Das ist wieder einmal Lyrik, das ist Sprache mit Magie und eigener Dimension! Hier jammert sich nicht einer die Hosen voll, hier schreibt einer Literatur! So ein Autor ist heutzutage ein Juwel so eine Sprache ist ein Geschenk!(...)Hier atmet die Sprache wieder einmal richtig durch! Hier macht Poesie süchtig! Jeder Text hat eine eigene Metaphorik und Motivik! Hier läßt sich moderne lyrische Sprache studieren und genießen. So hat Lyrik wieder eine Chance (...)! Riskieren wir den Gang über die Brücke zwischen intellektuellem Erkennen und intuitivem Erfassen (...) - genau zwischen diesen beiden Polen bewegt sich nämlich substantielle Lyrik - und damit haben wir es bei Sternmut zu tun.
“Kult“/ Zeitschrift

 


Sternmut Literatur - Norbert Sternmut - Münchinger Straße 5 - 71636 Ludwigsburg